Von Hol­ly­wood, Schreib­ma­schi­nen und schrä­gen Typen

Tom Hanks hat eine besondere Stimme mit hohem Wiedererkennungswert. Auch in seinem ersten Buch "Uncommon Type" klingt diese Stimme auf jeder Seite durch. Wie lässt sie sich aber in eine andere Sprache übertragen? Ein Blick auf die deutsche Übersetzung von Werner Löcher-Lawrence. Von

Ist es gelungen, die Erzählstimme von Tom Hanks ins Deutsche zu übertragen? Bild: Marie-Theres Werner

Schrä­ge Typen ist eine Hom­mage an Jim Lovell und sei­ne Raum­fahrt-Kol­le­gen, an den Sol­da­ten James Ryan und in eini­gen Pas­sa­gen auch an For­rest Gump. In den sieb­zehn Kurz­ge­schich­ten erweckt Tom Hanks sei­ne belieb­tes­ten Film­rol­len noch ein­mal zum Leben und lässt sei­ne eige­nen Ideen und Lei­den­schaf­ten in die Tex­te ein­flie­ßen. Als Leser hält man somit ein fik­tio­na­les Werk in den Hän­den, hat aber auch gleich­zei­tig das Gefühl, dem berühm­ten Schau­spie­ler auf per­sön­li­cher Ebe­ne näherzukommen.

In den ver­schie­de­nen Kurz­ge­schich­ten geht es um vor allem eins: Schreib­ma­schi­nen. Tom Hanks selbst ist ein lei­den­schaft­li­cher Samm­ler und lässt das ein oder ande­re Gerät geschickt in sei­ne Tex­te ein­flie­ßen. Schon auf dem Cover ist eine Schreib­ma­schi­ne zu sehen und auch zwi­schen den Geschich­ten tau­chen immer wie­der Bil­der davon auf. Doch wirk­lich fas­zi­nie­rend fand ich die Tat­sa­che, dass in jedem Kapi­tel ein ande­res Modell vor­ge­stellt wird und der Schau­spie­ler so die Mög­lich­keit bekommt, zu zei­gen, wie ver­traut er mit sei­nem Fach­ge­biet ist.

Über den Inhalt der Geschich­ten möch­te ich nicht zu viel ver­ra­ten, doch wie ich es oben schon ange­deu­tet habe: Tom Hanks lässt in Schrä­ge Typen sei­ne Film­rol­len noch ein­mal in neu­em Glanz erschei­nen. Egal ob es um Apol­lo-Astro­nau­ten oder pen­sio­nier­te Army-Vete­ra­nen geht, der Oscar-Preis­trä­ger lässt sei­ne Kar­rie­re immer ein biss­chen durch­schim­mern. In sei­nen, wie ich sie gern nen­ne, „boden­stän­di­gen“ Kurz­ge­schich­ten geht es um Lie­be, Neu­an­fän­ge und Träu­me, doch obwohl sie rei­ne Fik­ti­on sind, erzählt sie Tom Hanks unglaub­lich rea­lis­tisch: Nicht immer gibt es ein Hap­py End, manch­mal wird aus einem Hob­by kein Traum­be­ruf – doch das ist okay. Das wah­re Leben ver­läuft lei­der nicht immer so gla­mou­rös wie in Hol­ly­wood und genau dar­um geht es auch in Schrä­ge Typen. Tom Hanks ent­wi­ckelt Cha­rak­te­re, die in sei­nen Geschich­ten mehr­mals vor­kom­men; er baut eine Ver­traut­heit zwi­schen dem Leser und sei­nen fik­tio­na­len Figu­ren auf und schafft es somit, dass man sich mit sei­nen Tex­ten sehr gut iden­ti­fi­zie­ren kann.

Die Über­set­zung von Wer­ner Löcher-Law­rence hat mir unglaub­lich gut gefal­len. Im Inter­net stol­pert man oft über die Behaup­tung, dass Tom Hanks’ Stim­me in sei­ne Tex­te ein­fließt, dass man, wenn man sei­ne Geschich­ten liest, auch gleich­zei­tig hören kann, wie er sie einem vor­liest, und ich fin­de, es ist dem Über­set­zer gelun­gen, dies auch ins Deut­sche zu über­tra­gen. Da ich vie­le Inter­views mit dem Schau­spie­ler gese­hen habe, bin ich mit sei­ner Erzähl­wei­se recht ver­traut und war erstaunt, wie oft der Klang sei­ner Stim­me in mei­nem Kopf nach­hall­te. Vor allem sei­nen Sinn für Humor hat er in Schrä­ge Typen beibehalten:

I am one of tho­se lazy­butt lon­ers who can poke my way through a day and never feel a second has been was­ted. In fact, as soon as I sold my mom’s house and park­ed the money in invest­ments, I wal­ked away from my fake busi­ness and sett­led into the Best Life Ima­gi­nable. Give me a few loads of laun­dry to do and a hockey game on the NHL chan­nel and I’m good for an enti­re after­noon. In the time I spend lol­ly­gag­ging over my whites and colors, Anna will dry­wall her attic, prepa­re her taxes, make her own fresh pas­ta, and start up a clot­hing exch­an­ge on the Internet.
Ich gehö­re zu die­sen lahm­är­schi­gen Ein­zel­gän­gern, die einen Tag kom­plett ver­bum­meln kön­nen, ohne das Gefühl zu haben, auch nur eine Sekun­de zu ver­schwen­den. Tat­säch­lich ließ ich, nach­dem ich das Haus mei­ner Mut­ter ver­kauft und den Ertrag inves­tiert hat­te, mein vor­geb­li­ches Büro hin­ter mir und rich­te­te mich im Bes­ten Vor­stell­ba­ren Leben ein. Gib mir ein paar Wäsche­la­dun­gen zu waschen und ein Hockey­spiel im NHL-Chan­nel, und mein Nach­mit­tag ist gesi­chert. In der Zeit, die ich mit Weiß- und Bunt­wä­sche ver­plem­pe­re, ver­tä­felt Anna ihren Spei­cher mit Gips­plat­ten, berei­tet ihre Steu­er­erklä­rung vor, macht fri­sche Pas­ta und grün­det eine Klei­der­tausch­bör­se im Internet.

Hier und da gab es Klei­nig­kei­ten, die ich per­sön­lich bei der Über­set­zung anders gemacht hät­te: Anstatt das deut­sche „Oh ja“ zu ver­wen­den, ließ Wer­ner Löcher-Law­rence das eng­li­sche „Oh yeah“ ste­hen, was mei­ner Mei­nung nach nicht wirk­lich zu unse­rem Aus­druck passt. Auf der ande­ren Sei­te ver­wen­det es Tom Hanks sehr oft im Münd­li­chen und man könn­te daher argu­men­tie­ren, dass der Über­set­zer es bewusst hat ste­hen las­sen: um Tom Hanks‘ Per­sön­lich­keit zu erhalten.

Alles in allem lässt sich Schrä­ge Typen unglaub­lich gut lesen und die Sei­ten flie­gen nur so dahin. Man stol­pert nicht über ver­schach­tel­te Satz­kon­struk­tio­nen und der ein oder ande­re ein­ge­scho­be­ne Witz lässt das Buch leb­haft erschei­nen. Ein­mal mit dem Lesen ange­fan­gen, konn­te ich es nur schwer aus der Hand legen.

Schreibst du auch einen Blog und möch­test eine Über­set­zung bei TraLaLit vor­stel­len? Dann schreib uns ein­fach an redaktion@tralalit.de. Wir freu­en uns immer über Anre­gun­gen und Gastbeiträge!



Tom Hanks/Werner Löcher-Law­rence: Schrä­ge Typen. Sto­ries. (Im eng­li­schen Ori­gi­nal: Uncom­mon Type. Some Stories.)

Piper 2018 ⋅ 352 Sei­ten ⋅ 22 Euro

www.piper.de/buecher/schraege-typen-isbn-978–3‑492–05717‑2

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