Die junge Maggie Tulliver, Hauptfigur in George Eliots Roman The Mill on the Floss (1860), ist eigenwillig, einfallsreich, originell – eine besonders starke Protagonistin also, deren Geschichte man nicht so leicht wieder vergessen kann. Denn Maggie ist intelligent, intelligenter jedenfalls als ihr etwas älterer Bruder Tom, dem alles Schulische schwerfällt. Während sein Lehrer ihn mit der Lektüre griechischer und lateinischer Texte quält, sitzt seine Schwester zuhause und bringt sich die alten Sprachen weitestgehend selbst bei. Als Tom sie heimlich beim Lernen erwischt, schimpft er:
I should like to see you doing one of my lessons! Why, I learn Latin too! Girls never learn such things. They’re too silly.Na, das möcht‘ ich doch mal sehen, wenn du meine Arbeiten machen solltest! Ich lerne ja auch Latein. Mädchen lernen so was nicht. Dazu sind sie zu dumm.
(Die Mühle am Floss, Ü: Julius Frese, 1861)
Wer sich fragt, warum erst jetzt – mehr als 150 Jahre später, in einem Jahrzehnt, in dem einige die Gleichberechtigung der Geschlechter gern als bereits erreichtes Ziel abhaken würden – die erste englische Übersetzung der Odyssee von einer Frau erschienen ist und das (unabhängig von der Qualität der Übersetzung) ein Grund zur Freude ist, dem lege ich die Lektüre von Eliots wunderbarem Roman ans Herz. Die darin beschriebene haarsträubende Hartnäckigkeit, mit der man begabte und machtlose Frauen an den Herd gedrängt hat, lässt sich nur schwer ertragen.
Frauen wurde Bildung, vor allem aber die Kenntnis antiker Sprachen, systematisch verwehrt. Wie man sie vom intellektuellen Leben ausgeschlossen hat, ist nicht nur in Eliots Romanen Thema. Im 17. Jahrhundert klagt die große englische Dichterin Aphra Behn in einem Vorwort zu einer neuen Lukrez-Übersetzung, den sie selbst nicht im Original lesen konnte1:
The Godlike Virgil and Great Homer’s Muse Like Divine Mysteries are conceal’d from us.…But… Thou by this Translation dost advance Our Knowledge from the state of Ignorance; And Equall’st Us to Man!
Die wenigen Frauen, die in den vergangenen Jahrhunderten die alten Sprachen beherrschten, hatten keine Bildung im klassischen Sinne erhalten, sondern Griechisch und Latein im Privaten gelernt. George Eliot hatte beispielsweise Zugang zu einer umfangreichen Bibliothek und konnte sich vieles im Selbststudium aneignen. Die Dichterin Elizabeth Barrett Browning wurde unterdessen zusammen mit ihrem Bruder unterrichtet und konnte so mit dreizehn Jahren ihr erstes Gedicht in griechischer Sprache verfassen. Auch Virginia Woolf, die in dem Essay „On Not Knowing Greek“ das Gegenteil demonstriert, erhielt Privatstunden.
Die Kenntnis antiker Sprachen und Texte galt als ideale Voraussetzung für das dichterische Dasein. Es ist daher wenig überraschend, dass sowohl die Unkenntnis als auch das Erlernen antiker Sprachen bei weiblichen Autoren große Unsicherheiten hervorrief. Wenn Frauen die alten Sprachen tatsächlich gelernt hatten, wurden ihr Verständnis und ihre Übersetzungen antiker Texte nicht selten als amateurhaft abgetan. Konnten sie jedoch keine Grundkenntnisse vorweisen, wurden ihre Texte neben Autoren, denen schon in der Wiege die Metamorphosen vorgelesen worden, als minderwertig eingestuft. Erst als Frauen Zugang zu den Universitäten erhielten und man sie die von Männern errichteten Elfenbeintürme schrittweise erklimmen ließ, konnte ihr Ausschluss aus den Hallen ehrwürdiger Übersetzer antiker Texte nicht mehr mit der Laienhaftigkeit ihrer Übersetzungen begründet werden (obgleich man es natürlich trotzdem versucht hat).
Knapp hundert Jahre nachdem die ersten Frauen ihre Diplome in der Hand hielten, hat nun also die englische Altphilologin Emily Wilson als erste Frau Homers Odyssee ins Englische übersetzt. Wilson hat einen mustergültigen akademischen Werdegang vorzuweisen – Studium der Altphilologien in Oxford mit anschließender Promotion in Yale und einer Professur an der University of Pennsylvania. Sie tritt mit ihrer Übersetzung in die Fußstapfen von Caroline Alexander, die vor drei Jahren als erste Frau die Ilias ins Englische übersetzte.
Die erste englische Übersetzung der Odyssee stammt von Shakespeares Zeitgenossen George Chapman, der auch die Ilias in einen für das elisabethanische Zeitalter typischen jambischen Fünfheber gebracht hat. Es folgten Übersetzungen von Thomas Hobbes, Alexander Pope und einem Dutzend anderer männlicher Intellektueller. Um ein Gefühl für die gravierenden Unterschiede zwischen den jeweiligen Übersetzungen zu gewinnen, lohnt es sich, einen vergleichenden Blick in die Übersetzung von Emil V. Rieu von 1946 zu werfen. Rieus Übersetzung wirkt inzwischen sehr veraltet, dürfte aber noch immer in vielen Bücherregalen zu finden sein. Denn Rieu war Mitbegründer der überaus erfolgreichen Penguin Classics-Reihe, die mit seiner überaus erfolgreichen Odyssee-Übersetzung eingeleitet wurde.
Im Vorwort zu ihrer Odyssee-Übersetzung umreißt Wilson ihre Herangehensweise an den homerischen Text: „Reading The Odyssey with fresh, curious, and critical eyes may help us not only rethink our assumptions about people in the past, but also break down some of our modern distinctions and assumptions“. Zwei Aspekte sind Wilson bei ihrer Übersetzung besonders wichtig gewesen: Homer soll von jeglichem Bombast befreit werden – eine vollkommen gerechtfertigte Agenda, die nicht nur dazu dient, das Grauen, mit dem sicherlich so mancher Leser an unverständliche Übersetzungen antiker Texte denkt, zu besänftigen. Ein solcher Ansatz ist auch im Sinne von Homers Original, das sicherlich anspruchsvoll und komplex ist, aber jeglichen barocken Sprachpomp vermissen lässt.
Wilsons Übersetzung des Proömiums ist von erstaunlicher Schlichtheit:
Tell me about a complicated man. / Muse, tell me how he wandered and was lost / when he had wrecked the holy town of Troy, / and where he went, and who he met, the pain / he suffered in the storms at sea, and how / he worked to save his life and bring his men / back home. He failed to keep them safe; poor fools, / they ate the Sun God’s cattle, and the god / kept them from home. Now goddess, child of Zeus, / tell the old story for our modern times. / Find the beginning. (Ü Wilson)The hero of the tale which I help the muse to beg me tell is that resourceful man who roamed the wide world after he had sacked the holy citadel of Troy. He saw the cities of many peoples and he learnt their ways. He suffered many hardships on the high seas in his struggle to preserve his life and bring his comrades home. But he failed save those comrades, in spite of all his efforts. It was their own sin that brought them to their doom, for in their folly they devoured the oxen of Hyperion the Sun, and the god saw to it that they should never return. This is the tale I pray the divine Muse to unfold to us. Begin it, goddess, at whatever point you will. (Ü Rieu)
Homers daktylischer Hexameter ist schwer in andere Sprachen übertragbar. Da die englische Sprache für diesen Rhythmus nicht geeignet ist, haben sich seit Chapmans erster Übersetzung viele für den jambischen Pentameter entschieden, der für die englische Dichtung typisch ist. Der Vergleich mit der Rieus Übersetzung ermöglicht es uns, Wilsons Gespür für Rhythmus zu bewundern. Ihre streng gehaltenen, jambischen Fünfheber haben mit Rieus schnöder Prosa, die im direkten Vergleich erst recht unpoetisch wirkt, wenig gemein.
Nun könnte man meinen, dass eine Prosaübersetzung für das 20. Jahrhundert, in dem vor allem Romane die Büchertische bevölkerten, angemessener gewesen sei. Rieus Übersetzung zeigt allerdings sehr eindrücklich, wie kompliziert Prosa klingen kann. Wilson hat nicht nur das Versmaß, sondern auch die Zeilenlänge des griechischen Originals beibehalten – eine Zeile des englischen Texts entspricht einer Zeile des Originals. Dies hat zur Folge, dass relativ ausführliche Umschreibungen (siehe Rieus Satz „It was their own sin…“) vermieden worden sind.
Diese Einfachheit ihrer Übersetzung zeigt sich auch in der Wortwahl: Rieus „holy citadel“ wird bei Wilson zu einer „holy town“; aus dem „in their folly they devoured“ wird ein schlichtes „they ate“ und aus dem unnötig komplexen „This is the tale I pray the divine Muse to unfold to us“ wird „goddess, child of Zeus, / tell the old story“. Dass Wilson mit ihrer Übersetzung damit auch näher am Original ist, verrät ein kurzer Blick auf den griechischen Text. Das Wort „εἰπὲ“ (von dem Wort leiten sich die Begriffe Epos oder Epik ab) ist ein relativ simpler Imperativ, der mit „sprich“ übersetzt werden kann. Ähnlich sieht es mit der Übersetzung des Wortes „ἤσθιον“ aus – säße man im Schulunterricht mit einem Gemoll auf dem Tisch, würde man das schlicht als „sie aßen“ übersetzen, was deutlich neutraler ist als Rieus „they devoured“. 2
Noch interessanter sind allerdings die Wörter, die Wilsons Übersetzung eine besondere Modernität verleihen. Diese Modernität zeigt sich schon im Proömium bei der Übersetzung des Adjektivs „πολύτροπον“. Das Wort ist ein typisch homerisches Epitheton, das der Charakterisierung des Helden dient. Es setzt sich aus zwei Wörtern zusammen – „πολύς“ bedeutet „viel“; „τρόπος“ kann mit „Art und Weise“, aber auch mit „Mittel“ oder „Weg“ übersetzt werden. Das Epitheton lässt sich wörtlich kaum adäquat übersetzen, daher bedienen sich Übersetzer gern komplexer Umschreibungen. Bei Chapman heißt es beispielsweise: „that many a way / Wound with his wisdom to his wished stay“. 3 Rieu und Wilson haben versucht, das Epitheton in jeweils einem Wort zusammenzufassen. Während sich Rieu für „resourceful“ entschied, um den Helden als erfinderisch und einfallsreich zu charakterisieren, beschreibt Wilson ihn als „complicated man“ – eine durchaus ungewöhnliche Wortwahl, die nicht nur auf die Komplexität der Hauptfigur, sondern auch auf die des Epos in seiner Gesamtheit anspielt.
Die Modernität zeigt sich auch an anderen Stellen ihrer Übersetzung. Wilson lässt Penelopes Verehrer „meat kebabs“ vorbereiten und Odysseus von Athene mit einem „threadbare tote bag and a walking stick“ ausstatten. 4 Das mag überraschen und durchaus auch befremdlich wirken, dürfte allerdings einer Leserschaft des 21. Jahrhunderts entgegenkommen – und diese Leserschaft für das Standardwerke der westlichen Kultur zu gewinnen, sollte im Interesse eines jeden Übersetzers antiker Literatur sein. Funktionieren tut Wilsons Übersetzung allerdings nur, weil die Übersetzerin es mit der Verwendung solcher hochmodernen Wörter nicht übertreibt und sich nicht sklavisch an diesem Vokabular orientiert. Wilson zeigt mit ihrer Übersetzung der Odyssee, dass Einfachheit und Modernität nicht gleich Anspruchslosigkeit bedeuten muss. Über die Sprache ihrer Übersetzung schreibt sie im Vorwort:
I have frequently aimed for a certain level of simplicity, often using fairly ordinary, straightforward, and readable English.
Ein weiterer Aspekt unterscheidet Wilsons Übersetzung der Odyssee von den Übersetzungen ihrer Vorgänger: Wilson ist sich der Signifikanz ihrer Übersetzung im Kontext der Übersetzungsgeschichte des Epos und auch der Bildungsgeschichte von Frauen überaus bewusst. Im Guardian schreibt sie:
After all, women from a wide variety of backgrounds are now able to enrol at prestigious universities and colleges and learn Latin and Greek from scratch; knowledge of the ancient languages is no longer open only to men. But the legacy of male domination is still with us – inside the discipline of classics itself and in how non-specialist general readers gain access to the history and literature of the ancient world… The works of dead, white elite men have largely been translated by living, white elite men.
Wilson ist – so die Hoffnung – Wegbereiterin einer neuen Generation von Übersetzerinnen. Mit ihrer Übersetzung gelingt es ihr, sich intellektuell von ihren männlichen Vorreitern zu emanzipieren, ohne sich jedoch gänzlich von der Übersetzungsgeschichte des Werkes zu distanzieren.
Die intellektuelle Emanzipation hat nicht nur eine andere Form zur Folge, sondern auch zu einer Auseinandersetzung mit der Darstellung weiblicher Figuren geführt. Ihre Übersetzung zeigt, dass Wilson als Übersetzerin sehr stark in den feministischen und post-kolonialen Diskursen verankert ist. Im englischen Feuilleton hat vor allem ihre Kritik an der Verwendung des abwertenden Wortes „bitch“ in den Übersetzungen männlicher Kollegen für Aufsehen gesorgt. Helena bezeichnet sich beispielsweise in der Übersetzung von Stephen Mitchell von 2014 als eine „bitch that I was“. Das Wort „κυνώπις“ bedeutet eigentlich so viel wie „Hundsgesicht“ oder „dog face“. Als Übersetzer oder Übersetzerin darf man das sicher als abwertende Bezeichnung interpretieren. Ob jedoch die Verwendung des Wortes „bitch“ mit all seinen frauenverachtenden Konnotationen wirklich notwendig ist, muss im Zeitalter von #metoo dringend hinterfragt werden. Anders als Mitchell hat Wilson das Wort als vergleichsweise neutrales Wortspiel übersetzt: „They made my face the cause that hounded them“.
Wilsons feministische Herangehensweise an die Übersetzung der Odyssee zeigt sich auch bei ihrer Beschreibung der Penelope. Im 24. Buch der Odyssee übersetzt Wilson: „the deathless gods will make a poem to delight all those on earth about intelligent Penelope“. Ihre männliche Kollegen heben da andere Aspekte der Figur hervor. Bei Rieu lautet der Satz: „the deathless god themselves will make a song for mortal ears, to grace Penelope the constant queen“. In der klassischen deutschen Übersetzung von Johann Heinrich Voß ist gar von der „keuschen Penelopeia“ die Rede. Ein solch simpler Vergleich zeigt, wie stark Übersetzerinnen und Übersetzer durch wenige Worte die Lesarten beeinflussen können und wie sehr ihre Übersetzungen doch in der Zeit ihrer Entstehung verankert sind.
Wilsons feministische Herangehensweise an die Übersetzung bedeutet allerdings nicht, dass sie aus dem Original einen feministischen Text macht – man könnte sogar sagen, dass sie genau das Gegenteil tut und mit ihrer nüchternen Sprache die von Homer beschriebene Brutalität in ihrer ganzen Härte hervorhebt:
I would rather die in my own house, than watch such crimes committed! Strangers dishounored! Slave girls dragged around, raped in my lovely home! (Ü Wilson)I would rather die by the sword in my own house than witness the perpetual repetition of these outrages, the brutal treatment of visitors, men hauling the maids about for their foul purposes in that lovely house. (Ü Rieu)
Anders als ihre Vorgänger bezeichnet Wilson die Frauen im Haus des Odysseus als Sklavinnen. Das Wort „maid“ 5 beschönigt die Machtverhältnisse der Zeit und erinnert im Zusammenhang mit Bezeichnungen wie „Madam“ und „Sir“ eher an englische Gesellschaftsromane als an ein Epos, in dem die Hälfte der Charaktere ihren Tod findet. Und während Rieu umständlich (wenn auch eindeutig) auf die sexuelle Gewalt, die diese Frauen, die später von Odysseus gnadenlos ermordet werden, anspielt, bringt Wilson die Geschehnisse auf den Punkt. Das ist radikal und hohe Kunst.
Man kommt bei der Lektüre von Wilsons Odyssee nicht umhin, sich zu fragen, wie es eigentlich um die deutschen Übersetzungen des homerischen Textes bestellt ist. Eines gleich vorab: Eine deutsche Übersetzung der Odyssee von einer Frau gibt es (noch) nicht. 6 Am bekanntesten ist noch immer die als mustergültig geltende Übersetzung von Johann Heinrich Voß aus dem 18. Jahrhundert. An deren Gültigkeitsdauer konnten auch die Odyssee-Neuübersetzung von Wolfgang Schadewaldt (1958), Anton Weiher (1955) und Roland Hampe (1979) in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wenig rütteln.
Die letzte Neuübersetzung der Odyssee aus dem Jahr 2007 stammt von dem Graezisten Kurt Steinmann, der im vergangenen Jahr auch eine neue Ilias-Übersetzung veröffentlichte. Seine Odyssee-Übersetzung hat durchaus Anklang gefunden, obgleich sich das deutsche Feuilleton schwertut, die Voß’sche Übersetzung ganz aus den Regalen zu verbannen. Allerdings reicht ein Blick auf die ersten Zeilen seiner Übersetzung, um festzustellen, dass sich das Verständnis des 73-jährigen Schweizers von Modernität wohl grundlegend von dem seiner Leserinnen und Leser unterscheiden dürfte:
Muse, erzähl mir vom Manne, dem wandlungsreichen, den oft es / abtrieb vom Wege, seit Trojas heilige Burg er verheerte.
Modern klingt anders. Da wünscht man sich doch fast, dass Raoul Schrott – das enfant terrible der klassischen Philologie – sich demnächst auch mal eine „Übertragung“ der Odyssee vornimmt.
Noch besser wäre allerdings, wenn die kompetenten und hoch motivierten Frauen, die in allen anderen Philologien in deutlicher Überzahl sind, auch die klassischen Philologien infiltrieren und sich mit einer gesunden Portion Größenwahn an die Neuübersetzung der Odyssee heranwagen würden.7 Inspiration kann man sich bei Voreiterinnen wie beispielsweise Marion Giebel holen, die Dutzende Editionen und Übersetzungen antiker Texte herausgebracht hat (u. a. von Sophokles, Plutarch und Cicero). Bekannt sind auch Liselot Huchthausen, Greb Ibscher, Margarethe Billerbeck und Helene Homeyer.8
Es gibt sie also, die deutschsprachigen Übersetzerinnen antiker Texte. Man mag sich kaum ausmalen, welche geistreichen und innovativen Interpretationsansätze noch in den Schubladen dieser Welt versteckt sind. Träumen ist erlaubt.
Homer/Emily Wilson: The Odyssey (Original: ἡ Ὀδύσσεια)
Norton & Company 2017 ⋅ 592 Seiten ⋅ 26,99 Euro
- Die Übersetzung stammte von Thomas Creech und wurde 1638 veröffentlicht.
- In der deutschen Übersetzung von Johann Heinrich Voß wird die Stelle mit „schlachteten“ übersetzt.
- Bei Voß ist von den „Taten des vielgewanderten Mannes“ die Rede.
- Zum Vergleich die Übersetzung von Rieu: „But the party in the palace, after the meat had been roasted, withdrawn from the spits, and carved up, devoted themselves to the pleasures of the table“ und „she gave him a threadbare tote bag and a walking stick“
- Auch Voß verwendet im Deutschen die Bezeichnung „Magd“.
- Tatsächlich ist Deutsch die einzige große europäische Sprache neben dem Spanischen, in die die Odyssee noch nicht von einer Frau übersetzt wurde. Die Franzosin Anne Dacier veröffentlichte bereits im Jahr 1708 ihre Übersetzung. Die erste italienische Übersetzung einer Frau (Rosa Calzecchi Onesti) erschien 1968.
- Im 52. Jahrgang der Zeitschrift Übersetzen ist der Artikel „Männer sind die besseren Übersetzer“ erschienen. Die Übersetzerin Svenja Becker erklärt darin, warum männliche Übersetzer eher preiswürdige Literatur übersetzen: „Sie bleiben seltener auf dem serienmäßigen Übersetzen von schlecht bezahlten Taschenbüchern hängen, sie wollen literarisch was reißen“ und „Männer sind von den eigenen Fähigkeiten überzeugter“.
- Nennenswert sind auch Renata von Scheliha, Emilie Boer, Marie-Louise von Franz, Anne Friedrich, Renate Johne und Jula Kerschensteiner