Ein Fest des Übersetzens

Vom 1. bis 3. Oktober findet in Berlin die Translationale statt, ein Festival für Literaturübersetzung. Im Mittelpunkt stehen die großen Fragen und Streitthemen der Literaturübersetzung.

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mehrsprachig vielstimmig Translationale Berlin

Ber­lin ist als Lite­ra­tur­stadt bekannt, Insi­der ken­nen die Stadt auch als Zen­trum für Lite­ra­tur­über­set­zung. Sie bie­tet nicht nur eine gro­ße Spra­chen­viel­falt und ist Sitz vie­ler bedeu­ten­der Ver­la­ge, son­dern auch Schaf­fens­mit­tel­punkt vie­ler Literaturübersetzer:innen. Vom 1. bis 3. Okto­ber wird die Stadt, genau­er gesagt das Col­le­gi­um Hun­ga­ri­cum in Ber­lin Mit­te, Schau­platz der ers­ten Trans­la­tio­na­le – einem Fes­ti­val für Lite­ra­tur­über­set­zung, das sich enthu­si­as­tisch und aus­schließ­lich dem The­ma Lite­ra­tur­über­set­zung aus vie­len unter­schied­li­chen Per­spek­ti­ven widmet.

Die Idee zur Trans­la­tio­na­le ent­stand bereits 2019 und in Pan­de­mie­zei­ten ein Lite­ra­tur­fes­ti­val zu pla­nen und zu ver­an­stal­ten, kann kein leich­tes Unter­fan­gen gewe­sen sein. Doch viel Elan, sin­ken­den­de Infek­ti­ons­zah­len, stei­gen­de Impf­ra­ten und För­der­mög­lich­kei­ten wie der Deut­sche Über­set­zer­fonds, Neu­start Kul­tur und die Schwei­zer Kul­tur­stif­tung Pro Hel­ve­tia machen es mög­lich. Die fünf Kura­to­rin­nen aus bei­na­he eben­so vie­len Her­kunfts­län­dern – Nora Bie­rich, Clau­dia Hamm, Eva Pro­fou­so­vá, Doro­ta Stroińs­ka von der Welt­le­se­büh­ne und Auré­lie Mau­rin vom TOLE­DO-Pro­gramm des Deut­schen Über­set­zer­fonds – haben ein beacht­li­ches Fes­ti­val­pro­gramm rund um die Kunst der Lite­ra­tur­über­set­zung auf die Bei­ne gestellt.

Im Fokus ste­hen laut den Kura­to­rin­nen „die Kunst und Exper­ti­se von Literaturübersetzer:innen, ihre beson­de­re schöp­fe­ri­sche, ästhe­ti­sche und sozia­le Pra­xis im inter­na­tio­na­len Lite­ra­tur­aus­tausch“. Was nach einem hoch gesteck­ten und breit gefä­cher­ten Vor­ha­ben klingt, spie­gelt sich in dem viel­fäl­ti­gen Pro­gramm mit sei­nen über zwan­zig Ver­an­stal­tun­gen an einem Wochen­en­de wider und ver­spricht, die Kunst der Lite­ra­tur­über­set­zung in all ihren Facet­ten sicht­bar zu machen und zu fei­ern. Das Ziel sei es, Ein­bli­cke in die Ver­wand­lungs­pro­zes­se zu geben und die gesell­schaft­li­che Rele­vanz des Lite­ra­tur­über­set­zens zu beleuch­ten. „Wir wol­len ein Fest des Über­set­zens fei­ern“, erklä­ren die Veranstalterinnen.

Die Besu­che­rin­nen und Besu­cher kön­nen sich dem­nach auf ein drei­tä­gi­ges Fest in Form von Lesun­gen, Dis­kus­sio­nen, Per­for­man­ces und Vor­trä­gen, Work­shops und zusätz­li­chem (Show-)Programm freu­en. Im Lau­fe des Fes­ti­vals stel­len sich Gäs­te und Publi­kum die gro­ßen Fra­gen der Lite­ra­tur­über­set­zung. Clau­dia Hamm, Gaby Har­tel und Tho­mas Macho dis­ku­tie­ren: Wer spricht im über­setz­ten Text? (Mate­ri­al­ge­spräch, Fr. 1.10., 18:00–19:30 Uhr). Bet­ti­na Bach, Eva Pro­fou­so­vá und Tho­mas Wei­ler reflek­tie­ren mit Hen­ri­ke Schmidt über frem­de Domi­n­an­zen und wie sich die­se viel­leicht in Spra­chen wider­spie­geln (Podi­ums­dis­kus­si­on, Sa. 2.10. 10:30–12:00).

Laris­sa Ben­der, Nico­le Witt und Ani­ta Dja­fa­ri, die im Rah­men des Fes­ti­vals mit der Über­set­zer­bar­ke aus­ge­zeich­net wird, spre­chen mit Nora Bie­rich über das The­ma „Welt­li­te­ra­tur“: Wo lie­gen ihre Gren­zen? Wer bestimmt über­haupt, was Welt­li­te­ra­tur ist und was nicht? (Podi­ums­dis­kus­si­on, So. 3.10. 11:00–12:30). Auch das The­ma Über­set­zungs­kri­tik bekommt den Raum, den es ver­dient. Frank Hei­bert, Albrecht Busch­mann, Sieg­lin­de Gei­sel, Maria Piwo­war­ski und Olga Radetz­ka­ja stel­len sich in Form von Debat­te und Slam am Sonn­tag (17:00–18:30) die Fra­ge: Was macht eine gute Über­set­zung über­haupt aus?

Doch auch wenn allei­ne die Beschäf­ti­gung mit die­sen Fra­gen vie­le neue auf­wer­fen wird, soll es bei der Trans­la­tio­na­le nicht nur um die offe­nen und lau­fen­den Dis­kus­sio­nen, son­dern auch die ent­spre­chen­de Beant­wor­tung die­ser Fra­gen in der Pra­xis der Lite­ra­tur­über­set­zung gehen. In Work­shops dür­fen sich jun­ge Nachwuchsübersetzer:innen an Film­un­ter­ti­telung, Man­ga-Über­set­zung und krea­ti­vem Schrei­ben ver­su­chen und selbst Ant­wor­ten finden.

Neben vie­len wei­te­ren span­nen­den Pro­gramm­punk­ten, die sowohl aktu­el­le Dis­kur­se auf­grei­fen als auch Ein­bli­cke in kaum bespro­che­ne Aspek­te des Lite­ra­tur­über­set­zens ermög­li­chen (etwa Karin Betz’ Prä­sen­ta­ti­on des TOLE­DO-Jour­nals Über die Kine­tik von Namen, Kör­pern und Kul­tu­ren), bie­tet die Aus­stel­lung der Foto­gra­fin Anja Kapunkt ein Rah­men­pro­gramm, das die Hel­din­nen und Hel­den der Lite­ra­tur­über­set­zung, näm­lich die Über­set­ze­rin­nen und Über­set­zer, in ein­zig­ar­ti­gen Por­traits von einer wei­te­ren Per­spek­ti­ve zeigt.

Ein Fes­ti­val, das sich aus­schließ­lich der über­setz­ten Lite­ra­tur wid­met, ist in die­ser Grö­ßen­ord­nung in Deutsch­land ein­ma­lig. Die Trans­la­tio­na­le soll aber nicht nur ein Fes­ti­val für die Über­set­zungs­bran­che sein, auch wenn klar ist, dass es für vie­le pan­de­mie­ge­plag­te Übersetzer:innen ein wich­ti­ger Ort der Zusam­men­kunft sein wird. Die Kura­to­rin­nen beto­nen, dass auch „alle (Nicht)Berliner:innen mit oder ohne Trans­la­ti­ons­hin­ter­grund will­kom­men sind, die für drei Tage in die Welt von Spra­chen und Lite­ra­tu­ren ein­tau­chen möchten“.

Das facet­ten­rei­che Pro­gramm ver­spricht, dass die ers­te und hof­fent­lich nicht letz­te Trans­la­tio­na­le nicht nur einen Ort für Begeg­nung und offe­ne Dis­kus­si­on eröff­net, son­dern auch Lite­ra­tur­be­geis­ter­ten außer­halb der Sze­ne die Mög­lich­keit bie­tet, sich mit der Kunst des Über­set­zens aus­ein­an­der­zu­set­zen und sie so für ein grö­ße­res Publi­kum sicht­bar macht.

Vie­le der Ver­an­stal­tun­gen wer­den live statt­fin­den und wo dies nicht mög­lich ist, wird das Pro­gramm durch Zuschal­tung mög­lich gemacht. Die Teil­nah­me an den Ver­an­stal­tun­gen ist frei, doch nur mit vor­he­ri­ger Anmel­dung mög­lich. Alle wei­te­ren Infor­ma­tio­nen dazu hier.


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