„Wir kämp­fen für mehr Sichtbarkeit“

Die mexikanische Literaturübersetzerin Claudia Cabrera wurde 2024 für ihr Engagement für den deutsch-mexikanischen Austausch mit der Goethe-Medaille ausgezeichnet. Im Interview erzählt sie von ihrem Einsatz für bessere Arbeitsbedingungen von Literaturübersetzer*innen in Mexiko. Interview:

Claudia Cabrera mit Covern der von ihr übersetzten Büchern
Die Liste der von Claudia Cabrera übersetzten Bücher ist lang. Foto: privat.

Clau­dia Cabre­ra lebt als Über­set­ze­rin deutsch­spra­chi­ger Lite­ra­tur in Mexi­ko. Seit 1994 hat sie über 60 Roma­ne, Thea­ter­stü­cke und Sach­bü­cher ins mexi­ka­ni­sche Spa­nisch über­setzt, u.a. Wer­ke von Robert Musil, Franz Kaf­ka, Hei­ner Mül­ler, Cor­ne­lia Fun­ke, Julia Franck und Anna Seg­hers. Sie hat den Berufs­ver­band mexi­ka­ni­scher Literaturübersetzer*innen mit­be­grün­det, lei­tet Über­set­zungs­se­mi­na­re und enga­giert sich in ihrer Arbeit immer auch für den deutsch-mexi­ka­ni­schen Kulturdialog.

Auch María Por­ciel Cro­sa über­setzt als gebür­ti­ge Argen­ti­nie­ren Lite­ra­tur aus dem Eng­li­schen und Deut­schen ins Spa­ni­sche, lebt aber in Ber­lin. Sie enga­giert sich im Ver­band deutsch­spra­chi­ger Literaturübersetzer*innen, dem VdÜ. Mit Clau­dia Cabre­ra kam sie durch Über­set­zungs­werk­stät­ten in Bue­nos Aires und Ber­lin in Kon­takt. Für TraLaLit hat sie mit ihr dar­über gespro­chen, wie sich die Rah­men­be­din­gun­gen für die Arbeit von Literaturübersetzer*innen in Mexi­ko und Deutsch­land unter­schei­den, wie sich der mexi­ka­ni­sche Berufs­ver­band für mehr Sicht­bar­keit und eine Stär­kung der Rech­te von Übersetzer*innen ein­setzt – und wel­che Rol­le der Blick nach Deutsch­land und auf den deutsch­spra­chi­gen Ver­band dabei spielt.


Clau­dia, du wur­dest 2024 für dei­ne lite­ra­ri­schen Über­set­zun­gen mit der Goe­the-Medail­le aus­ge­zeich­net. Du arbei­test aber nicht nur als Literatur‑, son­dern auch als Fach­über­set­ze­rin. Hat es wirt­schaft­li­che Grün­de, dass du zwei beruf­li­che Stand­bei­ne hast?

Ich habe sogar noch ein drit­tes Stand­bein, als Dol­met­sche­rin. Das hat natür­lich wirt­schaft­li­che Grün­de. In Mexi­ko kann nie­mand vom Lite­ra­tur­über­set­zen allein leben. Mei­ne Fach­über­set­zun­gen lie­gen im Bereich der Geis­tes­wis­sen­schaf­ten, tech­ni­sche Über­set­zun­gen mache ich also keine.

Glück­li­cher­wei­se erhielt ich Ende 2019 ein groß­zü­gi­ges staat­li­ches Sti­pen­di­um. Das ist wohl ein­ma­lig in der Welt: Man bekommt drei Jah­re lang jeden Monat umge­rech­net rund 1.500 Euro, um ein gro­ßes Über­set­zungs­pro­jekt auf die Bei­ne zu stel­len. Das war in mei­nem Fall deutsch­spra­chi­ge Exil­li­te­ra­tur in Mexi­ko, haupt­säch­lich Anna Seg­hers und Len­ka Rei­nero­vá, auch Stef­fie Spi­ra und Ali­ce Gers­tel. Ich habe mich auf die­se Schrift­stel­le­rin­nen kon­zen­triert, weil sie wenig bekannt sind – auch in Deutsch­land, in Mexi­ko aber noch weniger.

Die­ses Sti­pen­di­um zu bekom­men ist lei­der nicht leicht. Es wer­den meis­tens nur zwei, höchs­tens drei Sti­pen­di­en pro Jahr ver­ge­ben und nur an erfah­re­ne Lite­ra­tur­über­set­zer. Wer Lite­ra­tur über­set­zen will, muss also immer mit unter­schied­li­chen Ein­nah­me­quel­len jon­glie­ren, um sich finan­zi­ell über Was­ser zu halten.

Stimmt es, dass du dir die Bücher aus­suchst, die du über­setzt? Das ver­su­che ich auch, zumin­dest bei den lite­ra­ri­schen Projekten.

Die ers­ten Bücher wur­den mir natür­lich von Ver­la­gen vor­ge­schla­gen, aber im Lau­fe der Zeit wur­de das mög­lich, ja. Das klingt jetzt ein biss­chen unbe­schei­den, aber ich habe mir mit der Zeit einen Namen gemacht und jetzt bin ich in einer Posi­ti­on, in der ich sel­ber Bücher vor­schla­gen kann. Und die Ver­la­ge las­sen sich dar­auf ein. Nicht immer, aber immer wieder.

Wel­ches ist von den Büchern, die du über­setzt hast, dein liebstes?

Eigent­lich ist es immer die Über­set­zung, die zuletzt erschie­nen ist. Weil wir eben von Seg­hers spra­chen, die Erzäh­lung „Der Aus­flug der toten Mäd­chen“ ist mein Lieb­lings­werk von ihr. Das sieb­te Kreuz und Tran­sit habe ich auch über­setzt, und das sind kolos­sa­le, wirk­lich unglaub­li­che Bücher, aber „Der Aus­flug“ ist so poe­tisch und so unglaub­lich fili­gran komponiert!

Ich mag auch Kurz­ge­schich­ten und Erzäh­lun­gen, etwa den Band Win­ter­fisch von Gre­gor San­der. Komi­scher­wei­se haben alle Erzäh­lun­gen in die­sem Buch einen Bezug ent­we­der zu ein­zel­nen Etap­pen mei­nes Lebens oder zu mei­nen Über­set­zun­gen. Das fand ich irre, dass in einem ein­zi­gen Buch so vie­le Puz­zle­tei­le mei­nes eige­nen Wer­kes und Lebens vor­ka­men. In die­ses Buch muss­te ich mich ein­fach verlieben.

Bam­bi von Felix Sal­ten war auch eine sehr schö­ne Über­set­zung. Den Titel kennt man wahr­schein­lich eher von Walt Dis­ney, dabei ist die Vor­la­ge über­haupt kein Kin­der­buch: Es wird sehr ein­drück­lich beschrie­ben, wie die Tie­re sich im Win­ter zer­flei­schen, wenn sie nichts zu fres­sen haben. Es war toll, auf den zwei Ebe­nen des Tex­tes zu arbei­ten: zum einen an der wun­der­schö­nen Spra­che, zum ande­ren an den bru­ta­len Schilderungen.

Ich fän­de es span­nend, zu hören, wie du als Über­set­ze­rin den mexi­ka­ni­schen Buch­markt siehst. Weißt du, wie vie­le Über­set­zun­gen jähr­lich in Mexi­ko erscheinen?

Nicht mal der mexi­ka­ni­sche Ver­le­ger­ver­band hat sich dafür inter­es­siert, die­se Zah­len raus­zu­fin­den. Unser klei­ner Über­set­zer­ver­band ver­fügt nicht über die Mit­tel, so eine Recher­che in die Wege zu lei­ten. Ich glau­be, die meis­ten Über­set­zun­gen sind Über­set­zun­gen aus dem Eng­li­schen, denn wir haben die USA hier direkt neben­an, das ist ein ganz gro­ßer kul­tu­rel­ler Fak­tor. Deutsch gilt schon als exo­ti­sche Spra­che. Man kennt viel­leicht noch die Klas­si­ker oder moder­ne Klas­si­ker wie Tho­mas Mann. Zeit­ge­nös­si­sche Autorin­nen und Autoren sind weit­ge­hend unbekannt.

Der spa­ni­sche Sprach­raum ist ja sehr viel grö­ßer als der deut­sche. Wie funk­tio­niert der Buch­markt bei euch: Agie­ren spa­ni­sche Ver­la­ge auch auf dem mexi­ka­ni­schen Markt oder erwer­ben die loka­len Ver­la­ge Lizenzen?

Spa­ni­en gilt immer noch als die Metro­po­le, auch in der Ver­lags­welt. Frü­her gab es drei star­ke Pole in Latein­ame­ri­ka, näm­lich Mexi­ko, Argen­ti­ni­en und Kolum­bi­en. Die sind durch die Finanz- und Wirt­schafts­kri­sen inzwi­schen aber geschwächt. Die meis­ten über­setz­ten Titel stam­men aus Euro­pa und die spa­ni­schen Ver­la­ge sind so gut situ­iert, dass sie tat­säch­lich die Welt­rech­te ein­kau­fen. Nur in den sel­tens­ten Fäl­len sind ande­re schnel­ler, wie zum Bei­spiel bei Anna Seg­hers. Da hat mein klei­ner mexi­ka­ni­scher Ver­lag La Cif­ra mit der spa­ni­schen Lite­ra­tur­agen­tur, die für die Über­set­zungs­rech­te der Seg­hers-Wer­ke zustän­dig ist, ver­han­deln kön­nen, damit sie uns die Rech­te zumin­dest für den mexi­ka­ni­schen Markt ver­kau­fen – für die gesam­te spa­nisch­spra­chi­ge Welt wären sie uner­schwing­lich gewesen.

Ich den­ke, es wäre für alle bes­ser − für die Ver­la­ge, die Autoren und die Über­set­zer − wenn jedes Land für sei­nen Bin­nen­markt lizen­zie­ren wür­de. Wenn die Welt­rech­te in Spa­ni­en lie­gen, wer­den die Bücher näm­lich auch haupt­säch­lich in Spa­ni­en ver­kauft, denn die ibe­ri­schen Ver­la­ge sind nicht in allen latein­ame­ri­ka­ni­schen Län­dern ver­tre­ten. Das heißt, dort hat man dann kei­nen Zugang zur über­setz­ten Lite­ra­tur, weil die spa­ni­schen Bücher nicht ver­kauft wer­den und weil eige­ne Aus­ga­ben wegen der Lizenz­rech­te nicht ange­fer­tigt wer­den dür­fen! Das ist über­aus gemein, sehr klein­ka­riert und wirk­lich kurzsichtig.

Übri­gens hakt es auch beim Aus­tausch zwi­schen latein­ame­ri­ka­ni­schen Län­dern: In Mexi­ko fin­det man kaum Bücher aus Ecua­dor, Peru oder Gua­te­ma­la, immer­hin sind argen­ti­ni­sche und kolum­bia­ni­sche Ver­la­ge bei uns aktiv. Des­we­gen ist es auch kein Wun­der, dass der Schwarz­markt für E‑Books in Mexi­ko boomt. Wenn man kei­nen Zugang zu Büchern und Über­set­zun­gen hat, ist das ein kul­tu­rel­ler Ver­lust. Für uns Lite­ra­tur­über­set­zer macht es finan­zi­ell kei­nen Unter­schied, ob das Buch als E‑Book oder als gedruck­te Aus­ga­be erscheint: Wir wer­den nur ein­mal bezahlt, bekom­men kei­ne Tan­tie­men. Aber kul­tu­rell ist die Lage verheerend.

Du setzt dich ja auch selbst ganz stark für Lite­ra­tur­über­set­zung in Mexi­ko ein! Du hast einen Über­set­zer­ver­band mit­be­grün­det und warst des­sen Vor­sit­zen­de. Wofür steht die Aso­cia­ción Mexi­ca­na de Tra­duc­to­res Literarios?

Die Abkür­zung unse­res Ver­bands lau­tet Amet­li, das klingt ein biss­chen wie ein azte­ki­sches Wort, wie Nahuatl. Der Name – „Ver­band mexi­ka­ni­scher Lite­ra­tur­über­set­zer“ − ist ja ganz pro­fan, aber die Abkür­zung ist wunderschön.

Mein Vor­gän­ger als Vor­sit­zen­der war Arturo Váz­quez Bar­rón, der aus dem Fran­zö­si­schen über­setzt. Mei­ner­seits war ich öfter im LCB und ein­mal auch [bei der VdÜ-Jah­res­ta­gung, Anm. d. Vf.] in Wol­fen­büt­tel. Arturo und ich sind Grün­dungs­mit­glie­der und so waren der fran­zö­si­sche und der deut­sche Ver­band gro­ße Vor­bil­der für die Amet­li. Für unse­re Web­sei­te habe ich mir ein paar Sachen vom VdÜ abge­guckt, die Ver­trags­vor­la­gen [der Norm­ver­trag, Anm. d. Vf.] zum Bei­spiel, und die Hand­rei­chun­gen zur Über­set­zer­nen­nung.

Wich­tig war natür­lich auch der spa­ni­sche Ver­band ACE Tra­duc­to­res, der Teil des Schrift­stel­ler­ver­bands Aso­cia­ción Cole­gi­al de Escri­to­res (ACE) ist. Inzwi­schen arbei­ten wir eng mit ande­ren latein­ame­ri­ka­ni­schen Ver­bän­den zusam­men und haben mit der „Ali­anza para la Pro­mo­ción de la Tra­duc­ción Lite­ra­ria – ali­tral“ sogar eine trans­at­lan­ti­sche Alli­anz gegrün­det, um gemein­sam für unse­re Rech­te zu kämp­fen sowie zusam­men Ver­an­stal­tun­gen und Work­shops zu organisieren.

Anfangs dach­ten wir ganz naiv, dass die Amet­li im ers­ten Jahr 100 Mit­glie­der haben wür­den, im zwei­ten Jahr dann 200, im drit­ten 300 usw. Wir haben den Ver­band 2016 gegrün­det, und sind immer noch rund 100 Mit­glie­der. Die meis­ten davon leben und arbei­ten in Mexi­ko-Stadt; Über­setz­ter, die im übri­gen Land leben, haben wir noch kaum erreicht. Da kön­nen wir noch anset­zen, denn je mehr wir sind, des­to stär­ker sind wir.

Was sind die drän­gends­ten Pro­ble­me für Lite­ra­tur­über­set­zer in Mexiko?

Wahr­schein­lich die­sel­ben wie über­all auf der Welt: Hono­ra­re und Ver­trä­ge, also mie­se, manch­mal wirk­lich ganz mise­ra­ble Ver­trä­ge. Wir rin­gen um bes­se­re Arbeits­be­din­gun­gen, um anstän­di­ge Hono­ra­re, die auch zum Leben rei­chen. Und wir kämp­fen für Sicht­bar­keit. Mit einer klei­nen Video­kam­pa­gne haben wir an der welt­wei­ten Kam­pa­gne „name the trans­la­tor“ mit­ge­wirkt. Das sind ganz kur­ze, selbst­ge­mach­te Vide­os: „Ich bin Clau­dia Cabre­ra, ich über­set­ze aus dem Deut­schen ins Spa­ni­sche und ich bin die Autorin mei­ner Über­set­zung. Name the trans­la­tor.“ Fer­tig.

Die­se Sicht­bar­keit, die Über­set­zer­nen­nung, ist ganz wich­tig und bei uns im Gesetz über Urhe­ber­recht auch recht­lich ver­an­kert. Sie ist Teil der moral rights, des Urhe­ber­per­sön­lich­keits­rechts, und Vor­be­din­gung dafür, dass man über­all als Autor der Über­set­zung wahr­ge­nom­men wird – und dass man, was in Mexi­ko nicht üblich ist, Tan­tie­men bekommt! Das ist unser nächs­tes Ziel, dass wir irgend­wann auch Betei­li­gun­gen bekom­men. Das ist das eine: die Ver­tre­tung und Ver­tei­di­gung unse­rer Inter­es­sen gegen­über Drit­ten, gegen­über Ver­la­gen, gegen­über Redak­teu­ren, Kri­ti­kern und Medi­en sowie öffent­li­chen Stellen.

Das ande­re ist, die Über­set­ze­rin­nen und Über­set­zer über ihre Rech­te und Pflich­ten zu infor­mie­ren. So man­che wis­sen nicht ein­mal, dass sie einen schrift­li­chen Ver­trag for­dern kön­nen. Mit­un­ter fan­gen wir also wirk­lich bei null an. Die­se berufs­po­li­ti­sche Auf­klä­rungs­ar­beit geht flie­ßend über in die stän­di­ge Aus- und Wei­ter­bil­dung der Über­set­zer. Dafür orga­ni­sie­ren wir soge­nann­te „diplo­ma­dos“, das sind län­ge­re Kur­se auf Mas­ter­ni­veau, in denen wir über zwei Jah­re hin­weg eine rich­ti­ge Über­set­zer­aus­bil­dung ver­mit­teln. Wir stre­ben eine Zusam­men­ar­beit mit Hoch­schu­len an, damit wir auch offi­zi­ell Mas­ter­ab­schlüs­se ver­ge­ben kön­nen. Zudem orga­ni­sie­ren wir natür­lich auch Vor­trä­ge und klei­ne Work­shops, also kür­ze­re Fortbildungsmaßnahmen.

Das wun­dert mich, dass du sagst, dass ihr oft noch gar kei­ne Betei­li­gun­gen bekommt. Besagt das mexi­ka­ni­sche Urhe­ber­recht nicht, dass ihr am Ver­kauf betei­ligt wer­den müsst?

Wir haben da ein ganz dickes Brett zu boh­ren. Eigent­lich steht im Ley Fede­ral del Der­echo de Autor, dem mexi­ka­ni­schen Urhe­ber­recht, dass wir Über­set­zer die Autoren eines obra deriva­da, eines „abge­lei­te­ten Werks“, sind. Als sol­che müss­ten wir Tan­tie­men bekom­men, doch die Ver­la­ge sper­ren sich dage­gen und behan­deln uns wie exter­ne Dienst­leis­ter. Als Amet­li ver­su­chen wir, dar­über mit den Ver­la­gen ins Gespräch zu kom­men, und mit der Poli­tik. 2021 wur­de ein ent­spre­chen­der Geset­zes­ent­wurf im Abge­ord­ne­ten­haus debat­tiert – ein ers­ter klei­ner Erfolg für uns. Wir hof­fen, dass es die­se Initia­ti­ve auch durch den Senat, die zwei­te Par­la­ments­kam­mer schafft, und dass es uns nicht wie den argen­ti­ni­schen Kol­le­gen ergeht, die mit ihren derechos de autor nicht durch­ge­kom­men sind.

À pro­pos: In Argen­ti­ni­en liest ja gefühlt jeder zwei Bücher pro Woche. Wie ist die Stel­lung des Buches in der mexi­ka­ni­schen Gesellschaft?

Es wird nicht viel gele­sen. Ich habe die aktu­el­len Zah­len nicht, durch­schnitt­lich viel­leicht ein Buch pro Per­son im Jahr. In mei­ner Fami­lie gab es zum Glück immer schon Bücher, ich bin mit Büchern auf­ge­wach­sen. Das macht ganz viel aus. Mei­ne Eltern sind Aka­de­mi­ker. Aber die gro­ße Fra­ge ist, wie kom­men die Kin­der von Arbei­tern, von Bau­ern… wie kom­men die an Bücher? Es ist eine ganz dün­ne Schicht, die sehr viel liest, und ich glau­be, es ist die­ses Bil­dungs­bür­ger­tum, das den Buch­markt in Gang hält – ein ganz klei­ner Pro­zent­satz der Bevöl­ke­rung. In einem armen Land wie Mexi­ko gibt es ande­re Prio­ri­tä­ten. Denn, wie hat schon Brecht gesagt, zuerst kommt das Fres­sen, dann kommt die Moral. Dann kommt die Bil­dung, die Kultur.

Und Bücher sind nicht bil­lig, das sind fast schon Luxus­ar­ti­kel! Des­we­gen brach­te der Fon­do de Cul­tu­ra Econó­mi­ca, ein gro­ßer staat­li­cher Ver­lag, zuletzt ganz, ganz bil­li­ge Bücher her­aus und wahr­schein­lich fin­den die­se mehr Absatz als die teu­ren. Aber Lesen ist nicht wirk­lich eine Haupt­be­schäf­ti­gung in Mexi­ko. In Argen­ti­ni­en ist das Bil­dungs­ni­veau höher als in Mexi­ko. In Bue­nos Aires kann es dir pas­sie­ren, dass du im Café sitzt und der Kell­ner mehr über Lite­ra­tur weiß als du. Schön!

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