
Am 27. März werden die Preise der Leipziger Buchmesse verliehen, unter anderem in der Kategorie Übersetzung. Auf TraLaLit stellen wir die Nominierten vor. Alle Beiträge der Reihe sind hier zu finden.
Das Buch
Isadora Wing, eine knapp 30-jährige jüdische Schriftstellerin und Journalistin aus der Upper West Side von New York City, hat Angst vorm Fliegen. Und zwar in einem doppelten Sinne: Sie leidet wörtlich unter Flugangst, die aber auch zur Metapher wird, etwa für die Angst vor emotionalen Höhenflügen, vor Freiheit. Der ersten Angst muss sie sich wieder einmal stellen, als sie mit ihrem Ehemann, dem Psychoanalytiker Bennett Wing, zu einem Psychoanalytikerkongress nach Wien aufbricht. Bevor sie Bennett fünf Jahr zuvor geheiratet hat, war sie selbst bei ihm in Behandlung gewesen, genau wie bei einigen ebenfalls mitreisenden Analytikern, die in ihrer Beschreibung allesamt eine einigermaßen lächerliche Figur machen.
Einer der Konferenzteilnehmer, Bennetts britischer Kollege Adrian, wird ihr dann aber doch ganz gut gefallen, so gut sogar, dass sie nach einigem Hin und Her auch die zweite Angst überwindet und mit ihm ins Bett geht. Schon lange hat sie davon geträumt: spontaner, anonymer Sex. So erfüllend wie in ihrer Vorstellung ist der Sex mit Adrian zwar nicht, trotzdem lässt sie sich überreden, Bennett in Wien sitzen zu lassen und mit Adrian zu einer Reise quer durch Westeuropa aufzubrechen, auf zu noch mehr sexuellen Abenteuer und auch ein bisschen näher zu sich selbst.
So ließe sich die Handlung von Erica Jongs 1973 im englischen Original erschienenen Roman Fear of Flying zusammenfassen, der die Autorin schlagartig berühmt machte. Das Buch war aufgrund der expliziten Sexszenen sowie des spitzen, ironischen und unverblümten Tons der Ich-Erzählerin ein Skandal. Es verkaufte sich viele Millionen Mal und wurde in mehrere Sprachen übersetzt. Eine erste deutsche Übersetzung, angefertigt von Kai Molvig, erschien 1976.
Die Kommentare der – überwiegend männlichen – Literaturkritik der 70er Jahre sprechen Bände über das vorherrschende Frauenbild der Zeit und sind an Chauvinismus und Misogynie schwer zu überbieten. Während viele Leser schockiert waren, jubelten viele Leserinnen über die, wie man heute sagen würde, sexpositive Haltung, über das selbstbewusste Bekenntnis der Protagonistin zu ihrem Körper und ihrer Lust. Gleichzeitig weckte diese Begeisterung bei amerikanischen Feministinnen aber auch Kritik an dem Roman, denn trotz Isadoras gewitzten kritischen Überlegungen dazu, wie und warum die Ehe Frauen ins Unglück stürzt, ist und bleibt ihr Leben doch sehr auf Männer ausgerichtet und durch diese bestimmt (was sie zwar gelegentlich reflektiert, aber nicht im geringsten zu ändern versucht).
Jetzt, etwa ein halbes Jahrhundert später, hat sich der Ecco Verlag für eine Neuübersetzung des Romans entschieden. Wohl nicht zuletzt deshalb, weil sich die Geschlechterverhältnisse der 60er und 70er Jahre ein Stück weit auch der ersten Übersetzung eingeschrieben haben. Allerdings braucht man für die Lektüre heute eine gewisse Portion Nostalgie beim Gedanken an eine Zeit, in der explizite Sexszenen und selbstbewusst lustvoll auftretende Frauenfiguren noch schockieren konnten. Sonst sind die Hunderte von Seiten, auf denen die Erzählerin zwischen zwei Männern – davon einer schlimmer als der andere – hin- und hergerissen ist, wirklich nur schwer zu ertragen: Während der leicht depressive Ehemann Isadora in eine emotionale Abhängigkeit bringt, mit ihr spricht wie mit einem Kind und meint, sie sei im Grunde nur mit ihm lebensfähig und nur dank ihm frei, redet der Liebhaber ihr ein, nur er könne ihr zu echten Erfahrungen verhelfen und nur, wenn sie mit ihm durchbrennt, könne sie sich selbst kennenlernen.
Man kann sich also durchaus darüber wundern, dass Angst vorm Fliegen jetzt als Wiederentdeckung eines feministischen Klassikers gelobt wird. Sicher, einige von Isadoras Beobachtungen zu Genderrollen und Dynamiken in heterosexuellen Beziehungen sind nach wie vor aktuell, wirken aber aus heutiger Sicht oft nicht zu Ende gedacht. Am interessantesten lesen sich heute fast die Zwischenkapitel, in denen die Erzählerin etwa vom psychotischen Wahn ihres ersten Mannes berichtet, oder von der Zeit, die sie in den 60ern mit ihm in Heidelberg verbrachte, in einem Deutschland, das die düstern Jahre seiner jüngeren Vergangenheit aktiv totzuschweigen versucht oder hinter verschlossenen Türen noch weiter besingt.
Lesenswert ist der Roman wohl vor allem, wenn man ihn mit einer historischen Brille liest, als das Kultbuch der sexuellen Revolution, das er war. Dass er uns heute nicht mehr sehr revolutionär erscheint, haben wir immerhin ein Stück weit auch Autorinnen wie Erica Jong zu verdanken.
Die Jury-Begründung
Erica Jongs Satire auf Psychoanalyse, Patriarchat und Nachkriegsgesellschaft gilt als lange vergessener feministischer Klassiker. Lilian Peters Neuübersetzung schickt sich an, das zu ändern: Sie verpasst dem Roman ein frisches Deutsch, witzig, furios und an den richtigen Stellen kritisch. So liest sich diese Übersetzung, als hätte Angst vorm Fliegen nie in einer anderen Sprache vorgelegen.
Die Übersetzung
Wenn man nach der Lektüre des Romans die Jury-Begründung zur Nominierung liest, kann man eigentlich nur die Stirn runzeln. Den Ton der Erzählerin transportiert Lilian Peter in ihrer Übersetzung zwar gut, er ist „witzig“, ja, „furios“, ok, auch das (wenn auch etwas weniger als im Original). Besonders „frisch“ klingt die Übersetzung aber nicht, und schon gar nicht, als hätte der Text „nie in einer anderen Sprache vorgelegen“ – und das zu behaupten, verkennt die grundlegende Herangehensweise der Übersetzerin. Sie nähert sich dem Original in ihrer Übersetzung nämlich recht sachlich, aus einer kritischen Distanz heraus, im Bewusstsein der historisch-kulturellen Situiertheit des Originals sowie der Tatsache, dass Aspekte und Ausdrucksweisen des Originals in ein Spannungsverhältnis zu aktuellen (gender)politische Diskursen treten und daher eines besonders sensiblen Umgangs bedürfen. Und sie lässt diese Distanz in der Übersetzung spürbar bleiben.
Es ist also absolut stimmig, dass Lilian Peter Isadora Wing nicht sprechen lässt wie eine junge Frau von heute, und ihre Übersetzung vielleicht nicht so frisch klingt, wie man den Roman in einer Neuübersetzung theoretisch klingen lassen könnte. Hinzu kommt auch, dass die Erzählerin bestimmte Sprechweisen und Wendungen ihrer Zeit kritisch-ironisch in den Blick nimmt. Den Analytiker-Sprech zum Beispiel, oder Werbeslogans für Produkte, die gezielt Frauen adressieren sollen. Hier ist neben einiger Recherchearbeit eine gute Portion Einfallsreichtum gefragt, und daran mangelt es der Übersetzerin nicht, sodass die Übertragung dieser Elemente meist gut gelingt. Ab und zu wagt Lilian Peter sogar kleine Ergänzungen. Die größere Nähe des deutschsprachigen Publikums zum Schauplatz Wien ermöglicht etwa ein „Küss die Hand!“ als illustratives Beispiel für die beschriebene österreichische Galanz. Umgekehrt gibt sie in Bezug auf die jüngere US-amerikanische Geschichte dezent einordnende Hinweise. Für die Vermeidung von generischen Maskulina findet Lilian Peter einen geschmeidigen Umgang, ohne auf Gendersternchen, Doppelpunkt oder Ähnliches zurückzugreifen, die nicht zur Entstehungs- und in die erzählte Zeit des Romans passen würden.
Auch für den legendären „zipless fuck“, Isadoras Begriff für ihre Vorstellung vom perfekten Spontansex, der bereits in der Überschrift des ersten Kapitels und dann immer wieder auftaucht, findet Lilian Peter eine zunächst überzeugende, idiomatische Lösung:
Meine Antwort auf all das war nicht (noch nicht), mir eine Affäre zu suchen, und auch nicht (noch nicht), mich auf und davon zu machen, sondern meine Fantasie vom Zipless Fuck, vom Nix-wie-Vögeln, weiterzuentwickeln. Nix-wie-Vögeln war mehr als Sex. Es war ein platonisches Ideal. „Nix-wie“, denn wenn man zusammenkam, ging alles schnell und wie von selbst, jedweder Verschluss ging auf wie eine Rosenblüte, Unterwäsche flog beim leisesten Anstupsen davon wie der Blütenstaub von einer Pusteblume.
My response to all this was not (not yet) to have an affair and not (not yet) to hit the open road, but to evolve my fantasy of the Zipless Fuck. The zipless fuck was more than a fuck. It was a platonic ideal. Zipless because when you came together zippers fell away like rose petals, underwear blew off in one breath like dandelion fluff.
Die Vorgehensweise der Übersetzerin ist deutlich erkennbar. Sie macht ihre vermittelnde Rolle als Übersetzerin transparent, indem der englische Ausdruck bei der Einführung des Deutschen einmal stehen bleibt. Notwendig wäre das nicht, denn, wie Lilian Peter zeigt, kann hier auch auf das ‚Zip‘, den Reißverschluss, der wie von selbst aufgeht, verzichtet werden. Den englischen Begriff stehen zu lassen, UND den ‚Reißverschluss‘ aus dessen Herleitung rauszunehmen, ist allerdings nicht ganz schlüssig. Zumal „jedweder Verschluss“ in der Übersetzung dann merkwürdig unklar bleibt; hier dann einfach gleich von Hosen zu sprechen, würde besser funktionieren.
Auch wenn Isadora ihr Konzept ein paar Seiten danach noch weiter erläutert, wirkt die Übersetzung ein wenig bemüht:
Ein Szenario vom Nix-wie-Vögeln. Verstehen Sie: Gleich ob die Hosenställe der Männer mit Reißverschluss oder (wie meistens in Europa) mit Knöpfen verschlossen sind, gleich, wie attraktiv die Beteiligten sind – nix wie hin und nix wie weg, darum geht’s! Die Begebenheit geht rasant und dicht vonstatten wie ein Traum und mit keinerlei schlechtem Gewissen oder Schuldgefühl einher, denn weder sprechen sie über ihren verstorbenen Ehemann noch über seine Verlobte; sie rationalisieren nichts; sie sprechen überhaupt gar nicht. Nix-wie-Vögeln ist vollkommen rein.
One scenario of the zipless fuck. Zipless, you see, not because European men have button-flies rather than zipper-flies, and not because the participants are so devastatingly attractive, but because the incident has all the swift compression of a dream and is seemingly free of all remorse and guilt; because there is no talk of her late husband or of his fiancée; because there is no rationalizing; because there is no talk at all. The zipless fuck is absolutely pure.
Von ein paar kleineren Ungenauigkeiten abgesehen, wäre hier eine Anpassung der Erklärung an die deutsche Variante „Nix-wie-Vögeln“ wünschenswert. Also weg mit den Hosenställen und Reißverschlüssen, die ohne logischen Bezug zu „zipless“ hier eher irritieren – oder die Leser*innen die nicht ganz aufgehende Überlegung hinter der Übersetzung mitdenken lassen.
Auch bei anderen zentralen Begriffen zwingt einen die Übersetzung, die Überlegungen der Übersetzerin mitzulesen, wodurch man aus dem Text und der Perspektive der Erzählerin herausgeworfen wird. Etwa wenn der „shrink“ wegen eines Wortspiels von „shrink“ und „shrinking process“ schon auf den ersten Seiten zum „Kümmerdoc“ wird (für ein Wortspiel auf „Kümmerdoc“ und „Verkümmerungsprozess“), und der „Kümmerdoc“, der mit deutlich anderen Assoziationen daherkommt als der idiomatische „shrink“, dann durch den ganzen Text getragen wird. Oder wenn Isadora, die im Original trotzig einfach von „Germany“ und den „Germans“ spricht, obwohl Österreich und Österreicher beziehungsweise beide Länder gemeint sind, in der Übersetzung dann korrekt zwischen beidem differenziert: Sie spricht in der Übersetzung etwa vom „ehemaligen ‚Großdeutschland‘“, vom „sogenannten Großdeutschen Reich“.
Zugegeben, der Fall ist komplex und die Bedenken der Übersetzerin sind nachvollziehbar. Aber es hätte andere Möglichkeiten gegeben, damit umzugehen, und auch hier deutet Lilian Peter diese sogar selbst an. Sie legt der Erzählerin recht früh im Text einen erklärenden Einschub in den Mund, der im Original nicht steht: „Denn, verstehen Sie, die Deutschen – die Österreicher sind für mich auch Deutsche, Großdeutsche eben – sind wirklich nicht reinlich.“ Das bringt Isadoras Haltung treffend und unmissverständlich zum Ausdruck. Schlüssiger wäre es dann allerdings, sie auch in der Übersetzung „Deutsche“ und „Deutschland“ sagen zu lassen. Das richtig einzuordnen, kann man den Leser*innen schon zutrauen, zumal auch ohne Blick ins Original klar wird, dass dort nicht von „Großdeutschland“ die Rede ist.
Ein ähnlicher Fall ist der Umgang mit „cunt“. Isadora eignet sich diesen geläufigen, aber stark abwertend konnotierten Ausdruck für das weibliche Geschlecht im Sprechen über ihren Körper selbstbewusst an und nennt ihre Vulva fast durchgehend so. Lilian Peter übersetzt „cunt“ in diesem Zusammenhang konsequent als „Feuchtgebiet“ – wohl als Fingerzeig auf den Roman von Charlotte Roche von 2008, vielleicht so etwas wie die eine Großnichte von Angst vorm Fliegen? Adrian nennt Isadoras Geschlecht dagegen „Möse“, „Muschi“ oder „Fotze“ (im Original ebenfalls jeweils „cunt“). Allein dadurch geht die Idee mit dem „Feuchtgebiet“ nicht auf; Isadoras Aneignung von „cunt“ als eine Form der Auflehnung gegen die (männlich betriebene) Abwertung weiblicher Lust und Verfügbarmachung weiblicher Körper, die das Wort transportiert, kippt eher ins Gegenteil.
Die Übersetzerin macht sich also nicht unsichtbar. Sie reflektiert die zeitlich-historische und (sprach)räumlich-kulturelle Distanz zum Ausgangstext mit, sie verhält sich übersetzend zu ihm, stellt eigene Bezüge her. Leider liest sich die Übersetzung aber noch in ganz anderer Hinsicht nicht, als hätte der Text nie in einer anderen Sprache vorgelegen. Denn so selbstbewusst sich die Übersetzung zum Ausgangstext positioniert, hätte man sich in handwerklicher Hinsicht etwas mehr Souveränität gewünscht (vor allem in der ersten Hälfte).
Lilian Peter übersetzt immer wieder sehr nah am Wortlaut des Originals. Das ist spürbar in der hohen Dichte von Nebensatzkonstruktionen (Relativätzen, dass-Sätzen, Infinitiv-Sätzen), die leicht hätten vermieden werden können und den Text beschweren, verkomplizieren und verlangsamen. Immer wieder sitzen dadurch auch Bezüge und Anschlüsse zwischen zwei Sätzen nicht ganz richtig, oder der Fokus von Isadoras oft so pointierten Sätzen verrutscht ein wenig, sie verlieren an Prägnanz. Aber auch einzelne Ausdrücke und Wendungen werden oft wörtlich wiedergegeben. Mal ist das vor allem stilistisch unschön („Unheimlich genug, führten zum Amphitheater selbst keinerlei Schilder.“ – „The amphitheater itself was not, sinisterly enough, marked.“). Mal verschiebt sich aber auch der Sinn („Irgendwann damals in der Antike, als der Twist erfunden wurde, war mir plötzlich aufgegangen, dass niemand wusste, wie man ihn tanzte – warum also gehemmt sein?“ – „Somewhere back in the ancient days of the Twist, it had suddenly occurred to me that nobody knew how to do these dances – so why feel self-conscious?“).
Um aber nicht nur einzelne Beispiele für die handwerklichen Unstimmigkeiten der Übersetzung aus dem Text herauszupicken (das ist der Übersetzungsleistung insgesamt gegenüber nicht fair und macht auch keine Freude), sollen hier nur eine Textstelle genauer unter die Lupe genommen werden, und zwar einfach die erste auffällige Stelle, gleich auf der ersten Seite des Buches:
»Gott, die ist ja eiskalt«, sagte er. Er musste die Symptome kennen, denn er hatte meine Hand schon auf zahllosen Flügen gehalten. Meine Finger (und Zehen) werden zu Eis, der Magen dreht sich mir um, die Temperatur meiner Nasenspitze gleicht sich derjenigen meiner Finger an, meine Brustwarzen stellen sich auf und grüßen die Innenseite meines BHs (oder in diesem Fall meines Kleides – ich trug keinen BH), und eine brüllende Minute lang, wenn wir wieder einmal zu beweisen suchen, dass die Gesetze der Aerodynamik nicht auf fadenscheinigem Aberglauben beruhen (im tiefsten Inneren weiß ich, dass sie es tun!), werden mein Herz und die Turbinen eins. Zum Teufel mit den Erklärungen, wie Tragflächen funktionieren, die Pan Am in seinen mehrsprachigen PASSAGIERINFORMATIONEN zum Besten gibt – ich bin eben überzeugt, dass ausschließlich meine eigene Konzentration (und die meiner Mutter, die stets zu erwarten scheint, dass ihre Kinder bei einem Flugzeugabsturz sterben werden) diesen Vogel in der Luft hält.
“Christ – it’s like ice,” he said. He ought to know the symptoms by now since he’s held my hand on lots of other flights. My fingers (and toes) turn to ice, my stomach leaps upward into my rib cage, the temperature in the tip of my nose drops to the same level as the temperature in my fingers, my nipple stand up and salute the inside of my bra (or in this case, dress – since I’m not wearing a bra), and for one screaming minute my heart and the engines correspond as we attempt to prove again that the laws of aerodynamics are not the flimsy superstitions which, in my heart of hearts, I know they are. Never mind the diabolical explanations of air-foil you get in Pan Am’s multilingual INFORMATION TO PASSENGERS, I happen to be convinced that only my own concentration (and that of my mother – who always seems to expect her children to die in a plane crash) keeps this bird aloft.
Auch wenn man nur die Übersetzung liest, erkennt man an einigen kleineren Unstimmigkeiten, dass hier etwas nicht ganz stimmt. Los geht es mit „musste“, das eine Vermutung ausdrückt. Dass hier (wie ein Blick ins Original bestätigt) eine Empörung ausdrückendes ‚er müsste die Symptome doch kennen‘ (oder etwas Ähnliches) stehen müsste, korrigiert man beim Lesen vielleicht einfach im Kopf, das wird aus dem Kontext klar. Dass einem die sehr bildliche Vorstellung von dem Magen, der im Brustkorb nach oben drängt, entgeht, ist vielleicht vernachlässigbar. Warum die Brustwarzen die Innenseite des BHs „grüßen“ beziehungsweise wie man sich das vorzustellen hat, wird man sich schon ein wenig irritierter fragen. Im Original ‚salutieren‘ die Brustwarzen, richten sich also auf, stehen quasi stramm, reagieren auf eine Art Kommando, einen Reiz – so sitzt das Bild.
Danach verliert man beim Lesen ein wenig den Faden. Unter der „brüllenden Minute“ (die vielleicht eher eine ‚schreiende‘ oder ‚kreischende‘ ist, da es um Lärm und nicht um Hitze geht), kann man sich wenig vorstellen, wenn die Erklärung erst einige Zeilen weiter folgt: „my heart and the engine correspond“ – das Herz rast wie die Turbinen, Blut rauscht durch die Adern, es summt vermutlich in den Ohren. Herz und Turbinen kommen in der Übersetzung erst ganz am Ende des Satzes und rücken damit in den Fokus. Eigentlich ist die Pointe aber, dass die Gesetze der Aerodynamik laut der Erzählerin eben doch nur Aberglauben sind. Das wiederum wurde in der Übersetzung in eine Klammer gepackt. Wohl als Notlösung, um den langen, in der Übersetzung syntaktisch noch etwas komplexer geratenen Satz zusammenzuhalten. Bei der ‚Erklärungen zur Funktionsweise von Tragflächen in den mehrsprachigen Pan-Am-Passagierinformationen‘ hätte man zwei Nebensatzkonstruktionen einsparen können. Außerdem sollen diese nicht zum Teufel gehen, sie haben nur Unrecht, sind „diabolical“, weil sie den Passagieren etwas vorgaukeln.
Alles nur Details, könnte man meinen, aber wo wir ja gerade beim Teufel waren… Richtiges Lesevergnügen will sich daher – auch abgesehen von allen Bennetts und Adrians – nicht so recht einstellen. Das ist schade, denn der Übersetzung liegt merklich eine intensive Auseinandersetzung mit dem Text und seiner Geschichte zu Grunde, und sie zeugt an vielen Stellen auch von der sprachlichen Gelenkigkeit und dem Erfindungsreichtum von Lilian Peter. Aber es kommt am Ende eben auf jedes Detail an, und es sind schon ganz schön viele Details, die in der Übersetzung ein wenig verrutscht sind.
Dass Angst vorm Fliegen jetzt als eine von fünf Übersetzungen für den Preis der Leipziger Buchmesse nominiert ist, überrascht also in mehrfacher Hinsicht – passt aber auch in ein Muster, das schon in den letzten Jahren zu beobachten war: Immer wieder wird durch die Nominierten (erfreulicherweise!) ein Titel ins Rampenlicht gerückt, der sonst vielleicht sehr wenig Aufmerksamkeit bekommen hätte. Meistens sind das Texte, die für eine Übersetzung besonders interessant und für die Übersetzter*innen besonders herausfordernd sind. Oft scheint dabei aber (leider!) die Bewertung der Qualität der Übersetzung ein wenig in den Hintergrund zu treten. Schade. Denn eine andere Übersetzung hätte im Rampenlicht mehr glänzen können.
Lieblingsstelle
„Warum schien unser Leben auf nichts anderes hinauszulaufen als auf eine lange Liste von Trauergesängen über Männer? Warum schien sich unser Leben auf die Jagd nach Männern zu reduzieren? Wo waren die Frauen, die wirklich frei waren, die ihr Leben nicht damit verbrachten, sich von einem Mann zum nächsten zu hangeln, die sich vollständig fühlten, sei es mit oder ohne Mann? Wir wandten uns Hilfe suchend an unsere zweifelhaften Heldinnen, doch siehe da! Simone de Beauvoir macht keinen Schritt, ohne sich zu fragen: Was würde Sartre denken? Und Lillian Hellman will ein Mann sein wie Dashiell Hammett, damit er sie so liebt, wie er sich selbst liebt. Und Doris Lessings Anna Wulf kann nur kommen, wenn sie verliebt ist, was selten geschieht. Und auch die anderen – Schriftstellerinnen, Malerinnen – waren großteils verzagt, verkümmert, verstört. Scheu im Leben, mutig nur in ihrer Kunst. Emily Dickinson, die Brontë-Schwestern. Virginia Woolf, Carson McCullers … Flannery O’Connor züchtete Pfauen und lebte bei ihrer Mutter. Sylvia Plath steckte ihren Kopf in einen Ofen wie im Märchen. Georgia O’Keeff allein in der Wüste, eine scheinbare Überlebende. Was für eine Truppe! Ernst, suizidal, seltsam. Wo war der weibliche Chaucer? Die lustvolle Frau, voll Freude am Leben, von Liebe umgeben und zudem auch noch ausgestattet mit Talent? Wen konnten wir uns zum Vorbild nehmen? Colette, mit ihrem gallischen Afro? Sappho, über die nahezu nichts bekannt ist? »… noch fahler als Gras des Feldes bin ich; wenig fehlt, und in tiefer Ohnmacht schein’ ich gestorben«, heißt es in meiner handlichen Studienausgabe. Und so war es auch mit uns! Fast alle Frauen, für die wir die größte Bewunderung hegten, waren Junggesellinnen oder Selbstmörderinnen. War das, wohin das alles führte?“
