Tho­mas Wei­ler: der Unerschrockene

Ein Buch, das verstört und nicht loslässt: „Feuerdörfer“ gibt den Überlebenden der NS-Massaker in Belarus eine Stimme. Fünfzig Jahre nach seiner Veröffentlichung erschien dieses erschütternde Zeitdokument erstmals auf Deutsch – in der Übersetzung von Thomas Weiler, die nun für den Preis der Leipziger Buchmesse nominiert ist. Von

Foto von Thomas Weiler © Anja Kapunkt

Am 27. März wer­den die Prei­se der Leip­zi­ger Buch­mes­se ver­lie­hen, unter ande­rem in der Kate­go­rie Über­set­zung. Auf TraLaLit stel­len wir die Nomi­nier­ten vor. Alle Bei­trä­ge der Rei­he sind hier zu finden.

Das Buch

Es ist unmög­lich, die­ses Buch in einem Zug zu lesen wie einen Roman oder ein Sach­buch, in das man sich hin­ein­be­gibt, um in ande­re Wel­ten ein­zu­tau­chen. Bei Feu­er­dör­fer braucht man meh­re­re Anläu­fe und aus­ge­dehn­te Pau­sen. Immer wie­der will man die Lek­tü­re abbre­chen, ein­tau­chen will man in die­se Welt nicht. Die Grau­sam­kei­ten sind zu über­wäl­ti­gend, der Schre­cken erschla­gend. Die­ses Buch lässt Men­schen zu Wort kom­men, die Unvor­stell­ba­res über­lebt haben. Sie berich­ten, wie Men­schen im sowje­ti­schen Bela­rus von Straf­kom­man­dos der Wehr­macht, der SS und ihren Hel­fern gemor­det und in Häu­sern oder Scheu­nen verbrannt.

„Auf den Sei­ten die­ses Buches sind Men­schen ver­sam­melt, die durchs Feu­er gegan­gen sind, die schon unter der Erde waren“, heißt es im Vor­wort. „Und das im wahrs­ten Sin­ne des Wor­tes. Die Men­schen aus den Feu­er­dör­fern sind hier ver­sam­melt, um Zeug­nis abzu­le­gen, Fra­gen zu stel­len, zu urtei­len, zu erzäh­len, was zu wis­sen ent­setz­lich und was zu ver­ges­sen gefähr­lich ist.“ Dass die­ses Buch nun erst­mals auf Deutsch erschei­nen kann – 50 Jah­re, nach­dem es trotz anfäng­li­cher Vor­be­hal­te der sowje­ti­schen Zen­sur­be­hör­den in Minsk ver­öf­fent­licht wur­de –, ist ein Ereig­nis. „Die­ses Buch hat kein Alter“, schreibt Valz­hy­na Mort, eine der bekann­tes­ten zeit­ge­nös­si­schen Lyri­ke­rin­nen aus Bela­rus. „Die Wir­kung ist so total, dass ich sie gar nicht als sol­che begrei­fe. Wenn man die­ses Buch ein­mal gele­sen hat, muss man für immer damit leben.“ 

Die Autoren Ales Ada­mo­witsch, Jan­ka Bryl und Ulad­si­mir Kales­nik sind zwi­schen 1970 und 1973 durch Bela­rus gereist und haben 147 Ort­schaf­ten besucht und dort 300 Gesprä­che geführt und auf­ge­zeich­net. Sie haben mit Über­le­ben­den und Zeu­gen der soge­nann­ten „ver­brann­ten Dör­fer“ gespro­chen. Als Straf­ak­ti­on gegen die Par­ti­sa­nen­an­grif­fe hat­ten die NS-Besat­zer zwi­schen 1941 und 1944 über 9000 Dör­fer und Sied­lun­gen zer­stört, die Ein­woh­ner auf bes­tia­li­sche Wei­se umge­bracht. Der Film Komm und sieh von Elem Kli­mow aus dem Jahr 1985 ver­ar­bei­tet die Ver­bre­chen mit den Mit­teln des Kinos. Auch heu­te, da dras­ti­sche Gewalt­dar­stel­lun­gen All­tag sind, ist die emo­tio­na­le Wucht und Scho­nungs­lo­sig­keit die­ses Films unerreicht.

Das Dreh­buch zu dem Film stammt von Ada­mo­witsch, der wie die ande­ren Autoren von Feu­er­dör­fer selbst als Par­ti­san im Wider­stand kämpf­te, und basie­ret auf den dort ver­sam­mel­ten Berich­ten  und sei­nen eige­nen Erfah­run­gen. Er war getrie­ben von der Idee, den Krieg und das Lei­den zu erzäh­len, wie es ist – ohne Hel­den­pa­thos und fal­sche Hoff­nun­gen. Er such­te nach einer Mög­lich­keit, denen, die Unsag­ba­res erlebt hat­ten, eine Stim­me zu geben. Die ein­fa­chen Men­schen und ihre all­zu wahr­haf­ti­gen Geschich­ten waren nicht Teil der offi­zi­el­len Sowjet­ideo­lo­gie in Lite­ra­tur und Kunst, wo der Sieg über den Faschis­mus glor­reich und glän­zend sein muss­te. Der Sowjet­mensch durf­te kein Opfer sein. Das mensch­li­che Leid in all sei­nen Schat­tie­run­gen hat­te dort kaum Platz. Hören wir die 66-jäh­ri­ge Bar­bar­ka, die flie­hen konn­te, als die Deut­schen ihr Dorf ansteckten: 

„Und so lieg ich da! Das Dach brennt schon. Ver­brennt ganz. Und die zwei Deut­schen ste­hen da.Wie blaue Säulen.Und die Wän­de fan­gen Feu­er. Und dann fängt die Erde Feu­er. Das Grün­zeug da fängt Feu­er, beim Schup­pen. Und ich lieg mit­ten­drin. Hier brennt es mich, da brennt es. Gott sei Dank hat­ten wir unse­re geweb­ten Klei­der, aus Schaf­wol­le. So einen Man­tel hat­te ich an. In der Jacke wär ich verbrannt.“

Ada­mo­witsch, Bryl und Kales­nik tran­skri­bier­ten die Gesprä­che mit den Zeit­zeu­gen und mon­tier­ten sie zu einer viel­stim­mi­gen Col­la­ge von Leid und Schre­cken, ohne Rück­sicht auf Red­un­dan­zen, logi­sche Sprün­ge oder ande­re Unklar­hei­ten. Die Erzäh­lun­gen soll­ten so unmit­tel­bar sein, wie sie aus dem Gedächt­nis der Men­schen flos­sen. Im Vor­wort heißt es:

„Wir sahen unse­re Auf­ga­be dar­in, den uner­träg­li­chen Grad des mensch­li­chen Schmer­zes, der Fas­sungs­lo­sig­keit und des Zorns, die sich nicht allein in Wor­ten zei­gen, son­dern auch in Stim­men, Augen und Gesich­tern im Zustand des Plas­mas zu bewah­ren und zu erhal­ten; all das zu erhal­ten, was den Men­schen, der mit uns sprach, umgab wie die Luft, den Men­schen, der sich nun auf den Sei­ten die­ses Buches an den Leser wen­det, an Sie.“

Als das Buch erschien, lös­te es eine Wel­le der Erschüt­te­rung aus. „Die­ses Buch zu lesen, fällt schwer. Uner­träg­lich schwer“, schrieb der Lite­ra­tur­kri­ti­ker Lasar Las­a­rew damals. „In die­ser Art und Wei­se hat­te noch nie­mand über den Krieg gele­sen“, sagt Swet­la­na Ale­xi­je­witsch in einem Spe­cial des Online-Por­tals deko­der, das die Ent­ste­hungs- und Wir­kungs­ge­schich­te des Buches umfas­send beleuch­tet und das die Ver­öf­fent­li­chung der ers­ten deut­schen Über­set­zung im Novem­ber 2024 beglei­te­te. Ale­xi­je­witsch hat­te das Buch gleich nach Erschei­nen gele­sen. Als jun­ge Autorin war sie auf der Suche nach ihrer eige­nen lite­ra­ri­schen Stim­me. Für sie soll­te die Lek­tü­re rich­tungs­wei­send sein. Feu­er­dör­fer und Ada­mo­witsch haben die Doku­men­tar­pro­sa der bela­rus­si­schen Lite­ra­tur­no­bel­preis­trä­ge­rin ent­schei­dend geprägt.

Die Jury-Begrün­dung

Anfang der 70er-Jah­re haben Ales Ada­mo­witsch, Jan­ka Bryl und Ulad­si­mir Kales­nik mit Hun­der­ten Über­le­ben­den aus von der Wehr­macht nie­der­ge­brann­ten bela­rus­si­schen Dör­fern gespro­chen. Tho­mas Wei­ler macht die unvor­stell­ba­ren Aus­sa­gen der Dorfbewohner:innen nun erst­mals einer deut­schen Leser­schaft zugäng­lich. Sei­ne am Münd­li­chen ori­en­tier­te Über­set­zung ent­larvt die ent­setz­li­che Grau­sam­keit des Erleb­ten und zeigt die Gren­zen der Spra­che in der bren­nen­den Wahr­heit die­ser Berich­te auf.

Die Über­set­zung

Der Über­set­zer Tho­mas Wei­ler hat eine Mam­mut­leis­tung voll­bracht, nicht nur in Hin­blick auf die psy­chi­sche Anstren­gung, sich durch all die­se furcht­ba­ren Schil­de­run­gen zu arbei­ten und eine Spra­che für das Unsag­ba­re zu fin­den, son­dern auch ange­sichts der Her­aus­for­de­rung einer kom­ple­xen dia­lek­ta­len Viel­falt, wie sie für bela­rus­si­sche Pro­vinz typisch ist, und des bun­ten Spra­chen­mix aus ukrai­ni­schen, bela­rus­si­schen, rus­si­schen oder pol­ni­schen Ein­spreng­seln, die die ver­sam­mel­ten Zeit­zeu­gen­be­rich­te mit sich bringen.

Im Tole­do-Jour­nal gibt Wei­ler span­nen­de Ein­bli­cke in die Ent­ste­hungs­ge­schich­te des Buches und in sei­ne Arbeit am Text. Dabei ver­an­schau­licht er, wie sich sei­ne über­set­ze­ri­sche Rich­tungs­ent­schei­dung ent­wi­ckelt hat. Es sei nicht das Ziel gewe­sen, schreibt er, jeden dia­lek­ta­len Aus­druck in der Über­set­zung adäquat abzu­bil­den. „Bei der Lek­tü­re der deut­schen Fas­sung soll­te erleb­bar wer­den, dass hier zumeist Men­schen vom Lan­de spre­chen, mal in gerin­ge­rem, häu­fig in grö­ße­rem Abstand zur Stan­dard­spra­che. Men­schen, die sich in der Sowjet­uni­on der frü­hen 1970er Jah­re über trau­ma­ti­sche Erfah­run­gen äußern, die sie oft als Kin­der oder Jugend­li­che gemacht hatten.“

Die Autoren des Ori­gi­nal­tex­tes waren zwar bestrebt, Authen­ti­zi­tät zu erzeu­gen und das Gesag­te durch eine mög­lichst gro­ße Nähe zur gespro­che­nen Spra­che wie­der­zu­ge­ben.  Den­noch muss das Gesag­te schließ­lich les­bar und ver­ständ­lich blei­ben bezie­hungs­wei­se wer­den. Also muss­te die Spra­che bei der Ver­schrift­li­chung der Auf­nah­men ver­än­dert wer­den. Wei­ler drückt es so aus: „Gespro­che­ne Spra­che ver­än­dert sich auf dem Weg durchs Mikro­fon aufs Papier, Nähe­spra­che lässt sich immer nur mit Abstri­chen ver­schrift­li­chen, lite­ra­ri­sche Münd­lich­keit ist nicht authen­ti­sche Münd­lich­keit son­dern deren Simulation.“ 

Wei­ler hat des­we­gen „etli­che Wie­der­ho­lun­gen, Red­un­dan­zen, Zeit­sprün­ge und Ellip­sen“, die die Autoren bei der Ver­schrift­li­chung der Inter­view-Auf­nah­men über­nom­men haben, auch in sei­ner Über­set­zung bei­be­hal­ten. Dank sei­ner akri­bi­schen Recher­che­ar­beit zur Vor­ge­hens­wei­se des Autoren-Tri­os konn­te er bei­spiels­wei­se auch nach­wei­sen, dass die Spra­che bei der Ver­schrift­li­chung an bestimm­ten Stel­len stär­ker „bela­rus­sisch gemacht“ wur­de. „Da wird bei Mary­ja Kot aus einem auf der Schall­plat­te deut­lich hör­ba­ren rus­si­schen patóm ein bela­rus­si­sches pótym und aus patalók ein stol oder bei Michail Kas­jol aus einem útrom ein rániz­a­mi.“

Wei­ler konn­te die­se Kor­rek­tu­ren nach­wei­sen, weil der bela­rus­si­schen Ori­gi­nal­aus­ga­be zwei fle­xi­ble Schall­plat­ten mit ein paar Inter­view­auf­nah­men bei­gelegt waren. So konn­te er das Gespro­che­ne mit dem Text im Buch abglei­chen. War­um aber die­se Ein­grif­fe durch die Autoren? Da sich nicht mehr nach­voll­zie­hen lässt, wie die Autoren gemein­sam an dem Buch gear­bei­tet haben und wie die Auf­ga­ben­tei­lung aus­sah, kann man zu sol­chen Fra­gen nur mut­ma­ßen. Wei­ler aber hat eine Ahnung, war­um der Text bela­rus­si­scher aus­ge­fal­len ist als die O‑Tönes es waren. „Bryl, der auch selbst vor allem auf Bela­rus­sisch publi­ziert hat“, sagt Wei­ler im Gespräch, „war es wohl grund­sätz­lich wich­tig, das Bela­rus­si­sche zu för­dern, weil es gegen­über dem Rus­si­schen in der deut­lich schwä­che­ren Posi­ti­on war.“ 

Zudem meint Wei­ler, dass der Bruch zu einer Erzäh­ler­stim­me, die durch­ge­hend Rus­sisch gewe­sen wäre, zu groß gewe­sen wäre. „Denn die Men­schen spra­chen ja vor allem Bela­rus­sisch oder eben Tras­jan­ka, also eine Misch­spra­che.“ Wes­halb die O‑Töne letzt­lich ins Bela­rus­si­sche kor­ri­giert wur­den, erklärt Wei­ler des­we­gen als eine Art Reflex beim Lek­to­rat, hin­ter dem wohl kein durch­dach­tes Kon­zept stand.

Um den rich­ti­gen Ton, die rich­ti­ge Spra­che für die Über­set­zung zu fin­den, hat sich Wei­ler auch Pas­sa­gen aus dem Buch ange­schaut, die bei­spiels­wei­se His­to­ri­ker oder Sla­wis­ten für ihre Arbei­ten ins Deut­sche über­setzt haben. Dabei erläu­tert er sei­ne über­set­ze­ri­schen Ent­schei­dun­gen. Wie hier am Bei­spiel einer Pas­sa­ge aus einer Über­set­zung der His­to­ri­ker Aljaksan­dr Dal­hou­ski, Chris­toph Rass und Lukas Hennies:



Wei­lers Über­set­zung ist ins­ge­samt nah am Gespro­che­nen, am Mensch­li­chen, wenn man so will. So wird der gan­ze Schre­cken des Erzähl­ten offen­bar. Den­noch weiß sich der Leser bei Wei­lers Über­set­zung in einem Buch, wähnt sich bei der Lek­tü­re gleich­zei­tig als Zuhö­rer die­ser unge­heu­er­li­chen Erzäh­lun­gen. Das ist die gro­ße Kunst von die­ser Über­set­zung. wie auch fol­gen­des Bei­spiel zeigt. Hier berich­tet Nina Knja­se­wa, wie sie Zeu­gin von Erschie­ßun­gen in ihrem Dorf Kras­ni­za wurde.

„Ich hab immer hin­ge­schaut, so lang sie auf den Boden geschos­sen haben. Danach dann auf mich! Ja, als ich dann getrof­fen war, hab ich
mich hin­ge­legt. Und mein jün­ge­rer Bru­der, da am Schorn­stein zusam­men­ge­kau­ert, den hat es nicht getrof­fen. Aber Mut­ter als Ers­te, sie lag ja so, den Kopf hin­term Schorn­stein. Und sie hat, als sie geschos­sen haben, spritz­te es so, das Fleisch ist ihr an den Kopf geflo­gen. Ja, sie haben wei­ter auf den Ofen geschos­sen. Auf die Oma haben sie gefeu­ert, die war immer noch am Leben. Die Mut­ter war ver­wun­det, dort waren alle tot …“

War­um aber hat es ein hal­bes Jahr­hun­dert gedau­ert, bis die­ses wich­ti­ge Buch auf Deutsch erschei­nen konn­te? War­um ist eine Über­set­zung nicht bereits zur Zeit der DDR ver­öf­fent­licht wor­den? Die Sla­wis­tin Nina Wel­ler ist die­sen Fra­gen nach­ge­gan­gen und hat her­aus­ge­fun­den, dass beim Ver­lag Volk und Welt bereits 1974 eine Über­set­zung zur Dis­kus­si­on stand. Lag es even­tu­ell an den dras­ti­schen Gewalt­dar­stel­lun­gen, dass man sich damals dage­gen ent­schied? Der Gut­ach­ter des Buches habe sich wenig ergrif­fen gezeigt, schreibt Wel­ler in ihrem Bei­trag für deko­der. „Er stör­te sich vor allem am kom­pi­la­to­ri­schen mono­to­nen Cha­rak­ter der Zeu­gen­stim­men­samm­lung und an den sub­jek­ti­ven Wahr­neh­mun­gen der ein­fa­chen Leute.“

Sei­ne Wir­kungs­macht, die auch die Ent­wick­lung einer neu­en Erin­ne­rungs­kul­tur in der Sowjet­uni­on und spä­ter die Arbeit der Orga­ni­sa­ti­on „Memo­ri­al“ präg­te, konn­te das Buch den­noch schon früh ent­fal­ten. Aller­dings nur, weil die Autoren inhalt­li­che Kon­zes­sio­nen gegen­über der offi­zi­el­len Ideo­lo­gie in der Sowjet­uni­on ein­ge­hen muss­ten (was auch die mit­un­ter ideo­lo­gisch gepräg­ten Kom­men­ta­re der Autoren zei­gen, die das gan­ze Buch durch­zie­hen). Denn der Holo­caust, der die rei­che jüdi­sche Kul­tur in Bela­rus voll­stän­dig ver­nich­te­te, kommt in den Berich­ten so gut wie nicht vor. Auch brenz­li­ge The­men wie das der Kol­la­bo­ra­ti­on oder die Ver­bre­chen der Par­ti­sa­nen gegen­über der eige­nen Bevöl­ke­rung wer­den aus­ge­spart. Für mich ist das Buch auch aus einem ande­ren Grund ein wich­ti­ges Zeitdokument. 

Die Men­schen, die hier zu Wort kom­men, ent­stam­men ein­fa­chen Ver­hält­nis­sen, ihr Bil­dungs­grad ist, wie dies damals in der länd­li­chen Bevöl­ke­rung üblich war, gering. Die Selbst­re­fle­xi­on des Erleb­ten war für sol­che Men­schen im wahrs­ten Sin­ne des Wor­te undenk­bar. In sol­chen Ver­hält­nis­sen mes­sen Men­schen ihrer eige­nen Geschich­te wenig wert bei. Sie füh­ren kei­ne Tage­bü­cher. Dass Ada­mo­witsch, Bryl und Kales­nik sich der Geschich­te die­ser Men­schen ange­nom­men und ihnen eine Stim­me gege­ben haben, ist eine gro­ße Tat, die Feu­er­dör­fer gera­de aus die­sem Grund zu einem bedeu­ten­den und weg­wei­sen­den his­to­ri­schen Doku­ment macht. Es ist ein Schlüs­sel­text, der in die Rei­he von Sol­sche­ni­zyns Archi­pel Gulag, Gross­mans Leben und Schick­sal oder Das Blo­cka­de­buch von Gra­nin und Ada­mo­witsch gehört. Und lei­der ist es auch ein sehr aktu­el­les Buch. 


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