Matatenta
de Diana Garza IslasQuiero figurar en las listas. Quiero sentir muchas cosas, como cuando estaba muerta.
Hay alguien ahí. Es como una princesa que me mira que en realidad es un hombre que me come
Aquí sólo hay un cocodrilo gigante y mucho sol. El sol, contrario a lo que podríamos imaginar, no es verde
Ahora estás tú. Le tomas fotos a la carne. Una voz dice: Bienvenida a tus nombres.
Pero sabemos que cualquier voz es la voz de la niña que fui. Esa voz me asegura que las capas de la Tierra son cuatro: Sicoca, Coleia, Isi, e Ife locale.
(O alguien filmaba mi abducción. Se llamaba Myrna o se llamaba Brucoleco.)
No hay más qué decir. Estamos en mi casa, abierta, la de antes, medieval, con ventanas de arco y expresión de caballero. La piscina desapareció pero habrá fiesta. El aniversario. En la cúpula está el rostro de mi padre. Ahí está. No lo miro y sigue ahí, como un antiguo demonio muy amado.
Por último, mi madre; sus cenizas o el mar.
Die Übersetzung von Carla Hegerl, Alea Rentmeister, Jula Schmidt und Anna Lena Schächinger:
Ich will einen Platz in den Listen. Ich will vieles spüren, wie damals als ich tot war.
Da ist jemand. Eine Prinzessin, die mich anschaut, dabei ist es ein Mann, der mich verschlingt.
Hier gibt es nur ein riesiges Krokodil und viel Sonne. Die Sonne, anders als man meinen würde, ist nicht grün.
Und jetzt du. Du machst Fotos vom Fleisch. Eine Stimme sagt: Willkommen bei deinen Namen.
Aber wir wissen, dass jede Stimme die Stimme des Mädchens ist, das ich einmal war. Diese Stimme erklärt mir, dass die Schichten der Erde vier sind: Sicoca, Coleia, Isi, und Ife locale.
(Oder jemand filmte meine UFO-Entführung. Vielleicht Myrna, oder Brucoleco.)
Es gibt nichts weiter zu sagen. Wir sind in meinem Haus, das von früher, offen, mittelalterlich, Fenster mit Bögen und ritterlichem Ausdruck. Der Pool ist weg, aber wir feiern trotzdem. Jubiläum. Von der Kuppel herab blickt mein Vater. Dort ist er. Ich schau ihn nicht an. Er bleibt da, wie ein uralter, geliebter Dämon.
Zuletzt, meine Mutter; ihre Asche oder das Meer.
Kommentar der Übersetzerinnen:
Die Übersetzungswerkstatt der Latinale 2018 und unsere gemeinsame Arbeit an Matatenta nicht nur von, sondern auch in Anwesenheit der Poetin Diana Garza Islas hat fünf völlig unbekannte Menschen um ein Gedicht versammelt. Dabei trafen verschiedene Lesarten und Herangehensweisen an Poesie und Übersetzung aufeinander. Die Vorschläge und Ideen, aus denen wir schöpfen konnten, waren dementsprechend zahllos.
Ein erster Entwurf unserer Übersetzung war ein Flickenteppich möglicher Alternativen und still-to-be-reviseds, Ausdruck eines Prozesses, in dem wir sowohl grundsätzliche Fragen wie „Inhalt oder Form?“ immer wieder neu diskutiert haben als auch vor die Lösung grammatikalischer Probleme, wie die Verwendung des Genus im Spanischen und Deutschen, gestellt waren. Wir wurden hierbei mit Momenten eigener Sprachlosigkeit konfrontiert, in denen es uns schwerfiel, geeignete deutsche Ausdrücke für spanische Vokabeln zu finden. Eine „abducción“ mit „Entführung durch Außerirdische“ zu übersetzen schien uns zu schwerfällig für die leichte, unbeschwerte Syntax des spanischen Originals.
Diana las uns das Gedicht zu Beginn vor. Wir hörten, welchen Rhythmus sie ihren Worten gab, und bekamen so schon einen Eindruck von der Stimmung des Gedichts, die auch in unserer Übersetzung transportiert werden sollte. Die Hintergrundinfos zu dem Entstehungskontext, ihren Ideen und Wirkintentionen, die Diana immer wieder einfließen ließ, haben uns andere und neue Zugänge zu Matatenta ermöglicht, das sich aus einem Gespräch mit ihrem kleinen Sohn entwickelt hat.
Am Ende, als wir die Übersetzung laut vorlasen, fielen uns die Entscheidungen zwischen den am Anfang noch gleichberechtigt scheinenden Möglichkeiten leicht. Es war ein neuer Rhythmus entstanden, der jedoch um die gleichen Bilder pulsierte. Auch wenn die Entscheidungs- und Verhandlungsprozesse ungleich langwieriger waren als bei einer Übersetzung alleine, riefen der Einfallsreichtum der anderen Bewunderung und das Ergebnis große Zufriedenheit in uns hervor.
Historia liberadade Ethel BarjaUna laceración sin testigoses una carta que viajade una mano muertaa otra mano muertay boga en la nochecon toda su diástolea sofocar el horizonte,a forzarle la lengua.Caminantesde Ethel BarjaCostilla rota del tiempo geológico,quiero ver de nuevo los volcanes.Hueso quebrado de la duración,el polen enfermo no sabe a dónde ir.Cruzamos cuando las venasde la montaña acontecían nítidasCuando cruzar era un verbo inocentede vientre rosadoy no éramos esos solescolgados en la hoguerasudando el silencioque otro enhebrapara coser su tambor.
Die Übersetzung von Elena Fernández, Sandra Rosas und Lea Hübner:
Eine Verletzung ohne Zeugenist ein Brief der wandertvon einer toten Handzur nächsten toten Handund rudert in der Nachtum mit voller Diastoleden Horizont abzuschnüren,sein Schweigen zu brechen.Gebrochene Rippe der geologischen Zeit,ich will die Vulkane wieder sehen.Zerbrochener Knochen der Dauer,der kranke Pollen weiß nicht wohin.Wir überquerten als die Venender Berge deutlich geschahen.Als Überqueren ein unschuldiges Verb war,mit rosa Bauch,und wir nicht diese Sonnen waren,ins Feuer gehängtdas Schweigen schwitzenddas der andere einfädeltum seine Trommel zu nähen.
Kommentar der Übersetzerinnen:
Ohne es explizit vereinbart zu haben, lag während unserer kurzen und intensiven gemeinsamen Übersetzungserfahrung unsere Priorität darauf, die Bedeutung nicht aufzugeben und den Bildern plastisch Gestalt zu verleihen, zum Beispiel „a sofocar el horizonte“ wurde „den Horizont abzuschnüren“. Jede von uns hatte ihre eigene Art das Gedicht zu betrachten und sich darin hineinzudenken, wobei wir uns an unsere Intuition hielten, und die Meinung jeder einzelnen bereicherte den kollektiven Übersetzungsprozess. Die Differenzen in der Gruppe ermöglichten, dass kein Aspekt unberücksichtigt blieb. Das Gedicht analog neu erschaffen, so nannte es die Dichterin Ethel Barja, nachdem sie uns vier Stunden lang bei der Reise durch ihre Gedichtzeilen begleitet hatte. Eine wirklich erbauliche Aufgabe, die Herausforderungen und neue Wörter bereithielt. Mit jeder Übersetzung lernen wir die Sprache des anderen und auch die eigene besser kennen.
a tontas y a locasde Gabriela Bejermandejábamos latir toda la prisarozábamos el aire bailando a la mañanausábamos vestidos y guirnaldasnos dábamos mil besos de leche de lunacantábamos canciones, tragábamos manjarestocábamos la fruta esparcida en el jardínmordíamos los labios frescos y rosadospintábamos el aire con los dedosla piel entre las telas susurraba unos te quieromanchábamos los libros con palabras regaladasa tontas y a locas, amamos en colorescolgamos de las lianasfrutillas imperfectas, promesas derretidasy fuimos un destellocomimos el tesorotrepamos hasta adentro, nadamos y giramospor fin encandiladasMädchen außer Rand und BandÜbersetzt von Geishel Curiel Martinez, Evelin Kötz und María G. Tellecheadie ganze Eile ließen wir schlagenstreiften am Morgen tanzend die Lufttrugen Girlanden und Kleidergaben uns tausende Küsse aus Mondmilchsangen uns Lieder, verschlangen Süßessammelten im Garten liegende Früchteknabberten frische rosige Lippenmalten die Luft an mit den Fingerndie Haut unter den Kleidern flüsterte ach Liebstebefleckten die Bücher mit geschenkten Wortenaußer Rand und Band, liebten wir dann in Farbenhängten an Lianen unvollkommene Erdbeerengeschmolzene Versprechenund wir waren ein FunkelnSchätze essend kletterten wir hinein,schwammen im Kreisendlich strahlend
Kommentar der Übersetzerinnen und Übersetzer:
Das erste und vielleicht Allerwichtigste, was wir bei der Übersetzung dieses Gedichts lösen mussten, war der Titel. Im Spanischen ist „a tontas y a locas“ eine Redewendung, deren Bedeutung so etwas wie „außer Rand und Band/ohne Sinn und Verstand“ bedeutet und die einen deutlich weiblichen Bezug hat. Darüber hinaus gibt es am Ende des Gedichts ein Adjektiv, welches im feminin-Plural dekliniert ist. Wir haben das Gedicht als die Beschreibung einer Liebesbeziehung zwischen zwei Frauen verstanden – dem die Dichterin zugestimmt hat – und wollten dies deshalb beim Leser deutlich machen. Im Deutschen ist dieser Hinweis auf das Feminine durch die Endung des Adjektivs nicht möglich. Aus diesem Grund haben wir dann entschieden, das Nomen „Mädchen“ zum Titel hinzuzufügen, um damit dieses Problem für die Interpretation des ganzen Gedichts zu lösen.
Aus rhythmischen Gründen haben wir hier und da Syntaxänderungen vorgenommen: ein Präfix zurückgestellt, das Personalpronomen „wir“ weggelassen.
Außerdem haben wir lange über die Übersetzung mancher Metaphern, wie z. B. „leche de luna“, nachgedacht, wobei das Element „leche“ unterschiedliche sinnliche Bilder bzw. Empfindungen in uns hervorgerufen hat, überwiegend in Verbindung mit dem weiblichen Nomen „luna“. Zum Schluss haben wir dafür das schöne (auch weibliche) Nomen „Mondmilch“ erfunden.
Poem to Ulsegunby Queen Nzinga MaxwellBrought forth into this worldBy the mercy of loveBy the mercy of loveA secondA minutea daya year…Don’t know how longBefore he was taken awayInto an alien worldThattook him inAndMisleadMisguidedMisunderstoodMistreatedHurtAndConfused himMakes it hard to understand yourselfWhen nothing around youreflects selfor loveyour loyalties mature shiftedno self – respector self – worthor self – appreciationor self – lovereal self-love at leastHard existenceWhen you are hurtby the love you give awayit seams this pain wont fade awaycold and darklike a ruthless jaillike the deepest pitnever seems to fitfinding warmthin thingspeopleand placesjust to play this gamebut, in the scheme you are inyou are greater than you even thinkfrom your perspectiveI know it’s so hard to seenot that he lacks witnot that he lacks strengththe strength within him is greathe may not fathomcause he forgetsyou were brought forth into this worldBy the mercy of loveBy the mercy of lovebut I seeBrought forth into this worldBy the mercy of loveBy the mercy of lovebut I say fly, just fly,just fly away my lovefly like the bird in the endless windlet it be the windwho gives you the pathto find that Victory you seekthat is greater than youthat is within youI say to fly, just fly,just fly, just fly,just fly away my lovefly like the hawk that seeks the sunyou will find your waynot far awaybut remember alwaysyou are blessedBy the mercy of loveThat brought you forth into this worldAse.An UlsegunÜbersetzt von Maria Marggraf und Roberto Colisauf die Welt gebrachtdurch die Gnade der Liebedurch die Gnade der Liebeeine Sekundeeine Minuteein Tagein Jahr…Weiß nicht wie langebevor er weggebracht wurdein eine fremde Weltdieihn aufnahmundirreführteirreleitetemissverstandmisshandelteihn verletzteundverwirrteSchwer, dich selbst zu verstehenwenn nichts in deiner Umgebungdich selbst zeigtoder liebedeine Zugehörigkeit am falschen Platzachtestschätztliebstdich selbst nichtnicht zum Schein und nicht in echtSchwer ist das Lebenwenn du verletzt wirstindem du Liebe schenkstdieser Schmerz scheint niemals nachzulassenkalt und dunkelwie ein grausames Gefängniswie die tiefste Schluchtwohl immer fehl am PlatzWärme suchenin DingenMenschenund Ortennur um mitzuspielenDort wo du bistbist du mehr als du denkstIch weiß, schwer zu verstehenaus deiner PerspektiveEs fehlt ihm nicht an GeistEs fehlt ihm nicht an Stärkedie Stärke in ihm ist großer ahnt es vielleicht nichtdenn er vergisstdu wurdest auf die Welt gebrachtdurch die Gnade der Liebedurch die Gnade der Liebedoch ich weißauf die Welt gebrachtdurch die Gnade der Liebedurch die Gnade der Liebeaber ich sag, flieg, flieg einfachflieg einfach fort, mein Kindwie ein Vogel im grenzenlosen WindLass dir vom Windden Weg weisenzum ersehnten Siegder über dich hinausgehtder in dir lebtich sag, flieg,flieg einfachflieg einfach fort, mein Kindflieg wie der Falke zur Sonnedu wirst deinen Weg findennicht weit von hierdenk immer darandu bist gesegnetdurch die Gnade der Liebedie dich auf diese Welt gebracht hat.Ase.
Kommentar der Übersetzerin und des Übersetzers:
Die Lyrik von Queen Nzinga Maxwell erinnert stark an mündliche afrikanische Traditionen und auch ein bisschen an den Blues. Ein Gedicht von ihr ins Deutsche zu übertragen, verlangte eine radikale Hinwendung zum Rhythmus und bei einigen Versen eine leichte Anpassung des emotionsgeladenen Tonfalls. Wir versuchten in unserer Übersetzung den besonderen Fluss des Spoken Word beizubehalten.
Seit Timo Berger und Rike Bolte 2006 das mobile lateinamerikanische Poesiefestival Latinale ins Leben riefen, schicken sie jedes Jahr ein weiteres Dutzend Dichterinnen und Dichter aus Lateinamerika auf die Reise durch deutsche Städte. Bei den zweisprachigen Lesungen und Performances in Berlin, Osnabrück sowie an weiteren wechselnden Stationen mit wechselnden Unterstützerinnen und Unterstützern hat das deutschsprachige Publikum die Gelegenheit, aktuelle Dichter und Dichterinnen aus Lateinamerika kennenzulernen. 2018 fand die Latinale vom 18. bis zum 24. Oktober in Berlin, Osnabrück und Hamburg statt.