Kein Gast­land­auf­tritt ohne Übersetzer:innen

In diesem Jahr teilen sich die Niederlande und Flandern den Gastlandauftritt in Leipzig. Die eigentlichen Stars der internationalen Literatur – die Übersetzer:innen – präsentieren in diesem Artikel ihre aktuellen Bücher. Von

„Alles außer flach“ sind die diesjährigen Gastländer und ihre Literatur.

Für die­sen Bei­trag habe ich Niederländisch-Übersetzer:innen dar­um gebe­ten, einen klei­nen Fra­ge­bo­gen aus­zu­fül­len und auf die­se Wei­se ihre Über­set­zun­gen vor­zu­stel­len – die in den grau­en Boxen genann­ten Übersetzer:innen sind somit auch die Autor:innen die­ses Arti­kels. Dabei ist eine lan­ge, beein­dru­cken­de Lis­te mit Büchern zusam­men­ge­kom­men, die zwi­schen Juli 2023 und Mai 2024 erschie­nen sind oder erschei­nen. Hier ist für alle etwas dabei, vom Kin­der­buch über Lyrik­bän­de bis hin zu klas­si­scher Pro­sa. Lasst euch inspie­ren! Und natür­lich sind das hier nicht alle Neu­erschei­nun­gen aus dem Nie­der­län­di­schen, also stö­bert auch flei­ßig in Buch­lä­den und auf der Leip­zi­ger Buchmesse!



Wor­um geht’s? In schlaf­lo­sen Näch­ten streift der Autor in Gedan­ken durch das Haus sei­ner Groß­el­tern in Eng­land, dem ein­zi­gen Ort, wo er je tief und glück­lich geschla­fen hat. Fra­gen schei­nen auf: War­um leb­ten die bei­den nicht in den Nie­der­lan­den? Und war­um hat die Fami­lie die Beset­zung und das Durch­gangs­la­ger Wes­ter­bork über­lebt? War­um spre­chen sie nie über den Krieg? Was ist mit Ver­wand­ten? Die Suche nach einer Ant­wort führt ihn zur Rekon­struk­ti­on sei­ner Fami­li­en­ge­schich­te.

Über­set­ze­ri­sche Lieb­lings­ele­men­te: Kin­der­sicht und Erwach­se­nen­per­spek­ti­ve, die Beschrei­bung von Schlaf und Schlaf­lo­sig­keit, die Prä­zi­si­on der Schil­de­rung von Archi­tek­tur und Kunst­wer­ken, von natur­wis­sen­schaft­li­chen Pro­ble­men oder ein­fach von All­tags­ge­gen­stän­den in Haus, Küche und Gar­ten.

Das Buch in 3 Wor­ten: Über­ra­schend, nie langweilig.

Maar­ten Asscher / Mar­le­ne Mül­ler-Haas. Das Haus mei­ner Kind­heit (Een huis in Enge­land. Roman van een klein­zoon), Luch­ter­hand Lite­ra­tur­ver­lag, Okto­ber 2023, Roman, 256 Sei­ten, 24 Euro.


Wor­um geht’s? Das Kin­der­sach­buch behan­delt nichts weni­ger als die Geschich­te der Gene­tik. knall­bunt und auf­ge­weckt.

Über­set­ze­ri­sche Lieb­lings­ele­men­te: Der hei­te­re, nicht beleh­ren­de Ton. Und dabei den Inhalt nicht aus den Augen zu ver­lie­ren (mein Bio-Leis­tungs­kurs ist knapp vier­zig Jah­re her).

Das Buch in 3 Wor­ten: geist­reich, anschau­lich, lustig

Ste­fan Boo­nen & Mel­vin / Bir­git Erd­mann: Bil­lie und sei­ne Gene (Bil­lie en zijn genen), mixtvi­si­on 2024, Sach­buch, 96 Sei­ten, 18 Euro.


Wor­um geht’s? Mit 18 Jah­ren ver­lässt Sophie, Prin­zes­sin der Nie­der­lan­de, ihre Hei­mat, um ihren Cou­sin Carl Alex­an­der von Sach­sen-Wei­mar-Eisen­ach zu hei­ra­ten. Gen Ende ihres beweg­ten Lebens, in dem sie sich stark sozi­al und kul­tu­rell enga­giert hat, fällt ihr das Erbe Johann Wolf­gang von Goe­thes zu, für das sie ein monu­men­ta­les Archiv errich­ten lässt.

Über­set­ze­ri­sche Lieb­lings­ele­men­te: Sach­bü­cher nicht zu tech­nisch-tro­cken klin­gen zu las­sen, ist immer eine Her­aus­for­de­rung.

Das Buch in 3 Wor­ten: fas­zi­nie­rend, femi­nis­tisch avant la lett­re, aufschlussreich

The­ra Cop­pens / Chris­ti­na Brun­nen­kamp: Sophie in Wei­mar – Leben und Wir­ken der Groß­her­zo­gin von Sach­sen-Wei­mar-Eisen­ach 1842–1897, Ver­lags­haus Römer­weg 2024, Sach­buch, 192 Sei­ten, 19,90 Euro.


Wor­um geht’s? Eine Aus­wahl aus den Bei­trä­gen, die im Rah­men des gleich­na­mi­gen mul­ti­dis­zi­pli­nä­ren Kunst­pro­jekts ent­stan­den sind, für das mehr als 150 deutsch- und nie­der­län­disch­spra­chi­ge Künstler*innen ver­schie­de­ner Spar­ten sich von van Ost­aijens Besetz­te Stadt haben inspi­rie­ren las­sen.

Über­set­ze­ri­sche Lieb­lings­ele­men­te: Toll ist vor allem, wie vie­le Übersetzer*innen an der Antho­lo­gie betei­ligt sind und wie viel­stim­mig sie ist.

Das Buch in 3 Wor­ten: viel­sei­tig, ver­blüf­fend, experimentierfreudig

Anna Eble, Wil­lem Bon­gers-Dek & Mat­th­ijs de Rid­der (Hrsg.): Befal­le­ne Stadt. 60 aktu­el­le Per­spek­ti­ven auf Paul van Ost­aijens »Besetz­te Stadt«, Wun­der­horn 2024, Antho­lo­gie, 256 Sei­ten, 28 Euro.


Wor­um geht’s? Die zwölf­jäh­ri­ge Cato geht auf unge­wöhn­li­che Zeit­rei­sen und lernt dabei viel über sich und ihre Fami­lie.

Über­set­ze­ri­sche Lieb­lings­ele­men­te: Die Idee, durch eine Kino­lein­wand zu tre­ten und dadurch in die Ver­gan­gen­heit zu rei­sen.

Das Buch in 3 Wor­ten: wit­zig, ori­gi­nell, tiefsinnig

Yorick Gol­de­wi­jk / Son­ja Fied­ler-Tresp: Cato und die Din­ge, die nie­mand sieht (Films, die ner­gens draai­en), Dra­gon­fly 2024, Kin­der­buch, 237 Sei­ten, 15 Euro.


Wor­um geht’s? Kohl­ra­ben­schwar­zer Schel­men­ro­man um ver­nach­läs­sig­tes Kind Fran­çois Lepel­tier und sei­ne Mut­ter Mat­hil­de: Nach schwe­rer Jugend wird Fran­çois zum Hoch­stap­ler – Page, Rezep­tio­nist, Zahn­arzt, Ski­leh­rer, Som­me­lier – und steht zuletzt vor einer erschüt­tern­den Ent­schei­dung.

Über­set­ze­ri­sche Lieb­lings­ele­men­te: Anlei­hen beim Stil Tho­mas Manns, Gün­ther Grass’, Vla­di­mir Nabo­kovs und Her­mann Botes (Eulen­spie­gel), durch­ge­hal­te­ne naiv-kind­li­che Welt­sicht, die beim Lesen in Erschre­cken umschlägt.

Das Buch in 3 Wor­ten: iro­nisch, erschre­ckend, berüh­rend, ein Fest der Stilvielfalt

Arnon Grün­berg /Rai­ner Kers­ten: Gstaad (Gstaad), Aufbau/Die ande­re Biblio­thek 2023, Roman, 332 Sei­ten, 24 Euro.


Wor­um geht’s? Die­ser teil­wei­se auto­bio­gra­fi­sche Roman über Auf­stieg und Fall eines jun­gen Gue­ril­la­kämp­fers im indo­ne­si­schen Unab­hän­gig­keits­krieg ist post­ko­lo­nia­le Auf­klä­rung avant la lett­re.

Über­set­ze­ri­sche Lieb­lings­ele­men­te: Der Absur­dis­mus des indo­ne­si­schen Autors und Ex-Gue­ril­la­kämp­fers Guna­wan sprengt das west­li­che psy­cho­lo­gi­sche Deu­tungs­mo­no­pol über die „Revo­lu­si“. 

Das Buch in 3 Wor­ten: Ein indo­ne­si­scher Camus.

Basuki Guna­wan / Annet­te Wunsch­el: Winar­ta (1954/2023), Turia & Kant 2024, Roman, 163 Sei­ten, 20 Euro.


Wor­um geht’s? In einem leben­di­gen Haus fin­den Kin­der Hil­fe für ihre Pro­ble­me.

Über­set­ze­ri­sche Lieb­lings­ele­men­te: Bei all dem, was das Haus so anstellt, muss­te ich schon oft lachen.

Das Buch in 3 Wor­ten: für unge­üb­te Leser, aben­teu­er­lich, verrückt

Mel Hart­man / Son­ja Fied­ler-Tresp: Das schwe­ben­de Haus der Wün­sche (De magi­sche pad), Gul­li­ver 2024, Kin­der­buch, 155 Sei­ten, 12 Euro.


Wor­um geht’s? Gesam­mel­te Essays des bel­gi­schen Autors und Intel­lek­tu­el­len Ste­fan Hertmans zu aktu­el­len The­men.

Über­set­ze­ri­sche Lieb­lings­ele­men­te: Als „Stamm­über­set­ze­rin” von Ste­fan Hertmans konn­te ich end­lich auch ein­mal in sei­ne aktu­el­le Gedan­ken­welt ein­tau­chen, da sei­ne bel­le­tris­ti­schen Wer­ke vor­nehm­lich in der Ver­gan­gen­heit spie­len.

Das Buch in 3 Wor­ten: klug, lesens­wert, geis­tig anregend

Ste­fan Hertmans / Ira Wil­helm: Die Suche nach der Gegen­wart (Ver­schui­vin­g­en), Dio­ge­nes 2024, Essay­samm­lung, 192 Sei­ten, 26 Euro.


Wor­um geht’s?: Judith Herz­berg gehört zu den wich­tigs­ten Dich­te­rin­nen der Nie­der­lan­de, ist dem deut­schen Publi­kum aber vor allem bekannt durch ihre Thea­ter­stü­cke. Jetzt erscheint erst­mals wie­der eine Aus­wahl aus ihrer Lyrik der ver­gan­ge­nen 25 Jah­re. 

Über­set­ze­ri­sche Lieb­lings­ele­men­te: Herz­berg schreibt schein­bar ein­fa­che Tex­te, die beim Lesen immer hin­ter­grün­di­ger wer­den und vom All­täg­li­chen bis hin zu den gro­ßen The­men des Lebens alles umfas­sen, aber nichts ein­deu­tig aus­spre­chen. Die Her­aus­for­de­rung die­ser Über­set­zung bestand dar­in, die Viel­schich­tig­keit der Aus­sa­ge mit der Melo­die der Spra­che zu ver­bin­den. 

Das Buch in 3 Wor­ten: befrem­dend, hin­rei­ßend, humorvoll

Judith Herz­berg / Chris­tia­ne Kuby: Gedich­te 1999–2024, Edi­ti­on Ruge­r­up 2024, Lyrik, zwei­spra­chig, 160 Sei­ten, 24 Euro.


Wor­um geht’s? : Erzählt wird ein ein­zel­ner Tag im Leben eines 56-jäh­ri­gen Man­nes, der sich um sei­nen erkrank­ten Hund Schurk sorgt. Indem wir Henk van Dorns Bewusst­seins­strom fol­gen, sei­nen Gedan­ken, Sor­gen und Erin­ne­run­gen, ent­fal­tet sich vor uns ein gan­zes Leben mit all sei­nen Fra­gen und Refle­xio­nen über Leben und Tod, Nähe und Hoff­nung.

Über­set­ze­ri­sche Lieb­lings­ele­men­te: San­der Kol­la­ard ist ein Sti­list mit einer Vor­lie­be für Wort­rei­hun­gen und ‑varia­tio­nen; die Eigen­hei­ten der Haupt­fi­gur spie­geln sich gera­de­zu mime­tisch in Spra­che und Form des Tex­tes wider (Satz­kon­struk­ti­on, Voka­bu­lar, inter­tex­tu­el­le Refe­ren­zen). Die dem Roman zugrun­de lie­gen­de Mensch­lich­keit und Wär­me stim­men froh.

 Das Buch in 3 Wor­ten: tief, wahr und humorvoll

San­der Kol­la­ard / Mei­ke Blat­nik und Bet­ti­na Bach: Ein Tag und ein gan­zes Leben (Uit het leven van een hond), Kanon Ver­lag 2024, Roman, 180 Sei­ten, 20 Euro.


Wor­um geht’s? Ein Dachs und ein Pin­gu­in sind Nach­barn und ganz ver­schie­den – doch das macht eigent­lich nichts.

Über­set­ze­ri­sche Lieb­lings­ele­men­te: Der Witz zwi­schen den Zei­len.

Das Buch in 3 Wor­ten: lie­be­voll, wit­zig, tiefsinnig

Rin­dert Krom­hout / Son­ja Fied­ler-Tresp: Frau Dachs & Herr Pin­gu­in (Mevrouw Das & Meneer Ping), Dra­gon­fly 2024, Bil­der­buch, 24 Sei­ten, 15 Euro.


Wor­um geht’s? Gefeu­er­ter Muse­ums­ku­ra­tor zer­ris­sen zwi­schen Fami­li­en­pro­ble­men, sei­ner Lie­be zu Rem­brandt und neu ent­deck­ten sozia­len Pro­ble­men in sei­nem Gen­tri­fi­zie­rungs­vier­tel – laut Nach­bar Edward: „Bak­fiets­mut­tis ver­sus Kopf­tuch­mäd­chen“.

Über­set­ze­ri­sche Lieb­lings­ele­men­te: Kunst­wis­sen­schaft­li­cher Jar­gon, mit dem Haupt­fi­gur Peter auch den All­tag beschreibt, Beschrei­bun­gen berühm­ter und weni­ger berühm­ter Gemäl­de, sozia­le Sati­re und wit­zi­ge Dia­lo­ge.

Das Buch in 3 Wor­ten: urko­misch, zum Nach­den­ken anre­gend, anrührend

Ernest van der Kwast / Rai­ner Kers­ten: Der per­fek­te Mann (Ily­as), btb 2023, 348 Sei­ten, 16 Euro.


Wor­um geht’s? Wie aus einem Pries­ter­sohn, der aus der Enge klös­ter­li­cher Exis­tenz aus­bricht, im Euro­pa der begin­nen­den Neu­zeit – der Zeit der moder­nen Geis­tes­wis­sen­schaft, der rasan­ten Ent­wick­lung des Buch­drucks, der Stür­me der Refor­ma­ti­on – ein unab­hän­gi­ger Geist, quel­len­kri­ti­scher Bibel­über­set­zer, lei­den­schaft­li­cher Huma­nist und Best­sel­ler­au­tor wird.

Über­set­ze­ri­sche Lieb­lings­ele­men­te: Neue alte Wör­ter („Prit­sch­holz“, „Bal­len­meis­ter“), alte neue Sprich­wör­ter („schlapp wie ein Man­gold“), kunst­voll gehä­kel­te Satz­gir­lan­den, jede Men­ge Kon­junk­ti­ve und eine rhe­to­ri­sche Band­brei­te von der­ben Schimpf­ti­ra­den bis zu höfi­schen Prunk­re­den.

Das Buch in 3 Wor­ten: aben­teu­er­lich, urko­misch, herzerweichend

San­dra Lang­e­reis / Bär­bel Jäni­cke: Eras­mus. Bio­gra­fie eines Frei­geists (Eras­mus. Dwars­den­ker. Een bio­gra­fie), Pro­py­lä­en 2023, Sach­buch, 976 Sei­ten, 49 Euro.


Wor­um geht’s? In die­sem auto­fik­tio­na­len Debüt­ro­man ver­liebt sich die nie­der­län­di­sche Ich-Erzäh­le­rin Ilse in einen Ame­ri­ka­ner namens A, der all das zu ver­kör­pern scheint, was ihr fehlt – Leich­tig­keit, Zuver­sicht. Gemein­sam zie­hen sie auf ein Haus­boot namens Duet im Hafen von New York und leben den ame­ri­ka­ni­schen Traum – der ers­te Ris­se bekommt, als A sich zuneh­mend in Ver­schwö­rungs­theo­rien ver­liert … 

Über­set­ze­ri­sche Lieb­lings­ele­men­te: Die Autorin schreibt mit einem poe­ti­schen Blick auf die Welt, auf die (nie­der­län­di­sche) Spra­che – die­se Poe­sie ins Deut­sche zu über­tra­gen, war eben­so her­aus­for­dernd wie beglü­ckend.

Das Buch in 3 Wor­ten: hoch­ak­tu­ell, berüh­rend, poetisch

Ilse Jose­pha Laza­roms / Jani­ne Malz: Duett (Duet), KLAK Ver­lag 2024, Roman, ca. 170 Sei­ten, 19,90 Euro.


Wor­um geht’s? 321 ori­gi­nel­le Wis­sens­häpp­chen vor allem aus den ver­schie­de­nen Berei­chen der Natur­wis­sen­schaf­ten (Mathe, Phy­sik, Bio­lo­gie, Che­mie), aber auch der Psy­cho­lo­gie und Sozio­lo­gie, für wiss­be­gie­ri­ge Kin­der ab 11 Jah­ren.

Über­set­ze­ri­sche Lieb­lings­ele­men­te: Alle Sach­ver­hal­te müs­sen nach­voll­zo­gen wer­den. Das ist zwar müh­sam, aber oft auch ein­fach super inter­es­sant und eine will­kom­me­ne Aus­re­de, um stun­den­lang zu Nischen­the­men goo­geln zu kön­nen.

Das Buch in 3 Wor­ten: infor­ma­tiv, kurz­wei­lig, quizliebhabergeeignet

Mat­hil­da Mas­ters und Ange­li­que Van Omber­gen / Chris­ti­na Brun­nen­kamp: 321 super­schlaue Din­ge, die du über Wis­sen­schaft wis­sen musst, Carl Han­ser 2023, 304 Sei­ten, Jugend­sach­buch, 24 Euro.


Wor­um geht’s? Juss und sei­ne Fami­lie küm­mern sich umein­an­der; alle zusam­men woh­nen sie am Fluss, wo Juss mit sei­ner Cou­si­ne Amber rich­tig gute Aben­teu­er erlebt, die ein abrup­tes Ende fin­den, als ein Last­wa­gen­fah­rer ihr klei­nes Haus rammt und alle neu anfan­gen müs­sen.

Über­set­ze­ri­sche Lieb­lings­ele­men­te: Sowohl die Kin­der- als auch die Erwach­se­nen­fi­gu­ren sind groß­ar­tig und eigen­wil­lig gezeich­net, haben ihre eige­ne Spra­che.

 Das Buch in 3 Wor­ten: Unauf­fäl­lig tief­grün­dig und multikulturell

Sel­ma Noort / Andrea Kluit­mann: Das klei­ne Haus am Fluss (Het klei­ne huis bij de rivier), Gers­ten­berg 2024, Kin­der­buch ab 9, 208 Sei­ten, mit Bil­dern von Feli­ci­tas Horst­schä­fer, 16 Euro.


Wor­um geht’s? In Lock Haven, einer Klein­stadt in Washing­ton Sta­te, gibt es eine ganz beson­de­re Stra­ße: die Bird Street. Wer hier wohnt, ist erfolg­reich, wohl­ha­bend, gesund und glück­lich – zumin­dest elf Mona­te im Jahr, doch im Novem­ber bre­chen die dunk­len Tage an und es wird Zeit, den Preis für all das Glück zu zah­len …

Über­set­ze­ri­sche Lieb­lings­ele­men­te: Als ehe­mals begeis­ter­te Ste­phen-King-Lese­rin war es ein schau­ri­ges Ver­gnü­gen, die­sen Roman zu über­set­zen, der nicht nur span­nend ist, son­dern auch gekonnt auf der Kla­via­tur mensch­li­cher Abgrün­de spielt.

Das Buch in 3 Wor­ten: gru­se­lig, tief­grün­dig, packend

Tho­mas Olde Heu­velt / Jani­ne Malz: Novem­ber (Novem­ber), Hey­ne 2023, Thril­ler, 640 Sei­ten, 18 Euro.


Wor­um geht’s? Das Opus magnum des jung gestor­be­nen Dich­ters: ein Gedicht­band, des­sen For­men­reich­tum aus einer Welt erwächst, die durch den Ers­ten Welt­krieg tief erschüt­tert ist – einer Welt in Trüm­mern kann man nur in einer zer­trüm­mer­ten Spra­che begeg­nen.

Über­set­ze­ri­sche Lieb­lings­ele­men­te? Die stän­di­ge Spu­ren­su­che zwi­schen deut­li­chen Hin­wei­sen auf wah­re Bege­ben­hei­ten und Klan­g­as­so­zia­tio­nen. Und mit­zu­er­le­ben, wie die beein­dru­cken­de Ori­gi­nal­ty­po­gra­phie im Deut­schen aufs Neue ent­steht.

Das Buch in 3 Wor­ten: hal­lu­zinant, bil­dend, innovativ

Paul van Ost­aijen / Anna Eble: Besetz­te Stadt (Bezet­te stad), Wun­der­horn 2024, Poe­sie, 160 Sei­ten, 28 Euro.


Wor­um geht’s? Con­nie Pal­men wid­met die Essays in in die­sem Band Künst­le­rin­nen wie Syl­via Plath oder Joan Did­ion (und auch einem ein­zi­gen Mann, Phil­ip Roth) und stellt auf mit­rei­ßen­de und anspre­chen­de Wei­se dar, was die­se Per­so­nen für ihr eige­nes Schrift­stel­ler­da­sein bedeu­ten.

Über­set­ze­ri­sche Lieb­lings­ele­men­te? Die kom­ple­xen Gedan­ken­gän­ge win­den sich über Zei­len hin­weg, um in einer klar for­mu­lier­ten Poin­te zu mün­den – um das nach­zu­bil­den, war syn­tak­ti­sche Jon­gla­ge gefragt, die äußerst befrie­di­gend sein kann.

Das Buch in 3 Wor­ten: weib­lich, phi­lo­so­phisch, prägnant

Con­nie Pal­men / Lisa Men­sing: Vor allem Frau­en (Voor­na­me­li­jk vrou­wen), Dio­ge­nes 2024, Essays, 160 Sei­ten, 22 Euro.


Wor­um geht’s? In dem 1933 spie­len­den Roman lässt Mari­an­ne Phil­ips ihre Lese­rIn­nen an der gol­de­nen Hoch­zeit von Haus­be­sit­zer Hodl und Gat­tin teil­neh­men und stellt zugleich deren Miets­leu­te vor, mit ihren Freu­den und Küm­mer­nis­sen, ihren Zukunfts­hoff­nun­gen und Las­ten aus der Ver­gan­gen­heit, und zugleich zeich­net sie ein leben­di­ges Zeit­bild der Stadt Wien zwi­schen Kai­ser­zeit und natio­nal­so­zia­lis­ti­scher Bedro­hung.

Über­set­ze­ri­sche Lieb­lings­ele­men­te: Das Ori­gi­nal ist 1934 erschie­nen, und es galt, der Zeit geschul­det leicht anti­quier­te Stil­ele­men­te in Ver­bin­dung mit der für damals sehr moder­nen Erzähl­wei­se umzu­set­zen – eine Her­aus­for­de­rung, die mich sehr fas­zi­niert hat.

Das Buch in 3 Wor­ten: fein­sin­nig, ein­fühl­sam, spannend

Mari­an­ne Phil­ips / Eva Schwei­kart: Hoch­zeit in Wien, Urach­haus Herbst 2023, Roman, 248 Sei­ten, 24 Euro.


Wor­um geht’s? Eine Zeit­rei­se: Vom Ams­ter­dam der spä­ten 1960er Jah­re ins Ber­lin der 1920er Jah­re und das Milieu der Dada­is­ten. „Loko­mo­ti­ve“ ist der Spitz­na­me des Erzäh­lers, ein altern­der Geschäfts­mann, der an sei­ne Stu­den­ten­zeit in Ber­lin zurück­denkt und die Rei­se noch ein­mal wagt. Plomp lässt sei­nen Prot­ago­nis­ten durch aller­lei absur­de, höchsta­mü­san­te Aben­teu­er stol­pern.

Über­set­ze­ri­sche Lieb­lings­ele­men­te: Bei Plomp sitzt jedes ein­zel­ne Wort, eine abso­lu­te Freu­de, den Dri­ve der rasan­ten Geschich­te zu über­tra­gen.

Das Buch in 3 Wor­ten: atem­los, aber­wit­zig, erfrischend

Hans Plomp / Bir­git Erd­mann, Loko­mo­ti­ve (Loko­mo­ti­ve, 1986), Molo­ko 2023, Roman, 160 Sei­ten 17,50 Euro.


Wor­um geht’s? Dicht, sinn­lich und poe­tisch erzählt Astrid H. Roe­mer vom Kampf um weib­li­che Selbst­be­stim­mung und von einer uner­hör­ten Lie­be im Suri­na­me der Fünf­zi­ger­jah­re.

Über­set­ze­ri­sche Lieb­lings­ele­men­te: Die größ­te und schöns­te Her­aus­for­de­rung war es, die Mehr­deu­tig­keit und Viel­schich­tig­keit des Romans ins Deut­sche zu über­tra­gen.

Das Buch in 3 Wor­ten: femi­nis­tisch-post­ko­lo­nia­les Kultbuch


Astrid H. Roe­mer / Bet­ti­na Bach: Vom Wahn­sinn einer Frau (Over de gek­te van een vrouw), Resi­denz Ver­lag, Roman, 356 Sei­ten, 28 Euro.


Wor­um geht’s? Wie­der eine Zeit­rei­se: Die Erin­ne­run­gen einer alten Frau an eine eins­ti­ge ver­bo­te­ne Lie­be, unge­woll­te Schwan­ger­schaft im katho­li­schen Milieu, die Unkennt­nis, was aus dem Kind gewor­den ist.

Über­set­ze­ri­sche Lieb­lings­ele­men­te: Die Zeit­sprün­ge zwi­schen den 1960er Jah­ren und dem Hier und Jetzt, die vie­len beson­de­ren Bil­der, die Jaap Rob­ben schafft.

Das Buch in 3 Wor­ten: ein­fühl­sam, berüh­rend, stark

Jaap Rob­ben / Bir­git Erd­mann: Kon­tur eines Lebens (Sche­merle­ven), DuMont 2023, Roman, 320 Sei­ten, 24 Euro.


Wor­um geht’s? Die flä­mi­sche Autorin Gaea Schoe­ters nimmt die Leser:innen mit auf eine Jagd, die an den Grund­fes­ten ihrer Wer­te rüt­telt und die Gren­zen zwi­schen Gut und Böse und Rich­tig und Falsch immer wei­ter ver­schwim­men lässt. 

Über­set­ze­ri­sche Lieb­lings­ele­men­te: Im Roman wim­melt es nur so von klang­vol­len und abso­lut span­nen­den Natur- und Jagd­sze­nen, die vor allem vom Rhyth­mus und den Alli­te­ra­tio­nen leben. 

Das Buch in 3 Wor­ten: mit­rei­ßend, ver­stö­rend, einzigartig

Gaea Schoe­ters / Lisa Men­sing: Tro­phäe (Tro­fee), Zsol­nay 2024, Roman, 256 Sei­ten, 24 Euro.


Wor­um geht’s?: Ein Roman mit essay­is­ti­schen Ele­men­ten über Kunst und Natur, in dem eine jun­ge Frau einer fri­schen Bezie­hung nach Nor­we­gen folgt, wo sie sich ent­wur­zelt fühlt und nicht mehr schla­fen kann.

Über­set­ze­ri­sche Lieb­lings­ele­men­te: Der tro­cke­ne Stil, die schar­fen Beob­ach­tun­gen.

Das Buch in 3 Wor­ten: humor­voll, phi­lo­so­phisch, zukunftsnah

Anan­da Ser­né / Andrea Kluit­mann: Nacht­blü­her (Nacht­blo­ei­ers), Weiss­books 2024, Roman, 240 Sei­ten, 24 Euro.


Wor­um geht’s? Die nie­der­län­di­sche Phi­lo­so­phin Mar­jan Slob hat ein fes­seln­des Sach­buch zum Phä­no­men der Ein­sam­keit geschrie­ben, in dem Phi­lo­so­phen wie Blai­se Pas­cal, Dani­el Den­nett und Simo­ne de Beau­voir zu Wort kom­men. Zugleich wird die The­ma­tik sehr anschau­lich anhand von Bei­spie­len aus Lite­ra­tur, Musik und Film prä­sen­tiert.

Über­set­ze­ri­sche Lieb­lings­ele­men­te: Da die Autorin vie­le inter­tex­tu­el­le Bezü­ge her­stellt, war es auf­wen­dig, die rich­ti­ge Ter­mi­no­lo­gie für das Deut­sche zu fin­den.

Das Buch in 3 Wor­ten: klug, unter­halt­sam, lehrreich

Mar­jan Slob / Moni­ka Göt­ze und Chris­ti­na Sie­ver: Der lee­re Him­mel. Lob der Ein­sam­keit, Hir­zel 2024, Sach­buch, 200 Sei­ten, 26 Euro.


Wor­um geht’s? Der Igel ist ein­sam, er sehnt sich nach Besuch und malt sich sogleich aus, was dabei alles schief gehen kann.

Über­set­ze­ri­sche Lieb­lings­ele­men­te? Die ver­meint­lich ein­fa­che Spra­che des klei­nen phi­lo­so­phi­schen Werks, die Viel­falt des Zwei­fels, die ein­zel­nen Stim­men der Tie­re.

 Das Buch in 3 Wor­ten: lebens­klug, schrul­lig, wohltuend

Toon Tel­legen / Bir­git Erd­mann: Die Sehn­sucht des Igels (Het ver­lan­gen van de egel), Kanon 2024, Roman, 140 Sei­ten, 16 Euro.


Wor­um geht’s? Mari befin­det sich im ach­ten Jahr der Trau­er und ver­sucht, an einem Fluss ent­lang bis zum Meer wan­dernd, ihren Schmerz zu lin­dern. Dabei beob­ach­tet sie die Natur, hat eine Doh­le und ein Buch von Annie Dil­lard als Beglei­ter dabei und trifft auf aller­lei Men­schen und ihre Geschich­ten.

Über­set­ze­ri­sche Lieb­lings­ele­men­te: Caro Van Thuy­ne ist eine Sprach­vir­tuo­sin, ihr Stil ist beson­ders und fas­zi­nie­rend und die Spra­che als The­ma an sich nimmt in die­sem Roman viel Raum ein, sowohl auf sti­lis­ti­scher als auch auf inhalt­li­cher Ebe­ne – dem­entspre­chend krea­tiv durf­te und muss­te ich beim Über­set­zen wer­den, und genau das lie­be ich.

Das Buch in 3 Wor­ten: emo­tio­nal, expe­ri­men­tell, naturliebend

Caro van Thuy­ne / Lisa Men­sing: Bir­ken­schwes­ter (Lijn van wee en wens), Maro­Ver­lag 2024, Roman, 224 Sei­ten, 24 Euro.


Wor­um geht’s? Nach dem Tod der Mut­ter kehrt der namen­lo­se Prot­ago­nist zurück an die flä­mi­sche Küs­te, an den Ort sei­ner von Angst, Gewalt und Aus­gren­zung gepräg­ten Kind­heit, um sich um den spär­li­chen Nach­lass zu küm­mern. Der Roman erzählt die Geschich­te die­ser Rück­kehr und der Wie­der­be­geg­nung mit sei­nem ers­ten Freund, der ers­ten, gro­ßen Lie­be.

Über­set­ze­ri­sche Lieb­lings­ele­men­te: Der Ton und der Rhyth­mus, die manch­mal atem­lo­sen Sät­ze, die Ver­dich­tung aufs Wesent­li­che. Das Har­te und Zar­te neben­ein­an­der. Die Erkennt­nis, wie viel Hef­tig­keit und Schön­heit in „und + Haupt­satz“ ste­cken kann. Dass jedes Kom­ma auf die Gold­waa­ge gehör­te. Dass man­che Bil­der und Sät­ze auch beim zehn­ten Lesen noch so viel aus­lö­sen kön­nen.

Das Buch in 3 Wor­ten: Hallt lan­ge nach.

Ange­lo Tijs­sens / Ste­fa­nie Ochel: An Rän­dern (De Ran­den), Rowohlt 2024, 128 Sei­ten (ohne Sei­ten­zah­len!), 22 Euro.


Wor­um geht’s? Bär fin­det sei­ne Bril­le nicht, ver­mu­tet sie bei Giraf­fe und hat auf dem Weg zu ihr die erstaun­lichs­ten Begeg­nun­gen.

Über­set­ze­ri­sche Lieb­lings­ele­men­te: Wie in jedem guten Bil­der­buch kam es auf jedes ein­zel­ne Wort an, muss­ten Rhyth­men, Satz­me­lo­dien und Par­al­le­li­tä­ten so umge­setzt wer­den, dass der Text sich flüs­sig vor­le­sen lässt.

Das Buch in 3 Wor­ten: wit­zig, fan­ta­sie­voll, überraschend

Leo Tim­mers / Eva Schwei­kart: Bär und sei­ne Bril­le, ara­ca­ri 2024, Bil­der­buch, 36 Sei­ten, 15 Euro.


Wor­um geht’s? In Leib­ren­te setzt sich Vrouwk­je Tuin­man auf sehr per­sön­li­che, hin­ter­grün­di­ge, aber auch humor­vol­le Wei­se mit Krank­heit, Tod, Trau­er und ihrem Leben nach dem Ver­lust ihres Lebens­ge­fähr­ten aus­ein­an­der. 

Über­set­ze­ri­sche Lieb­lings­ele­men­te: Vrouwk­je Tuin­mans fein­sin­ni­ge, lako­ni­sche Art, sich den gro­ßen The­men des Lebens zu nähern. 

Das Buch in 3 Wor­ten: tief­ge­hend, ergrei­fend und scho­nungs­los ehrlich

Vrouwk­je Tuin­man / Bet­ti­na Bach: Leib­ren­te (Lijf­ren­te), KLAK Ver­lag 2024, Lyrik, 80 Sei­ten, 16,90 Euro.


Wor­um geht’s?: Atan (15) aus Kea, ein stil­ler Jun­ge, der nur sei­ne model­lier­ten Ton­fi­gu­ren im Kopf hat, wird in die Leh­re nach Naxos geschickt, wo er ent­deckt, wer er ist und was er will.

Über­set­ze­ri­sche Lieb­lings­ele­men­te: Atan muss­te ein glaub­wür­di­ger und in sei­ner schrul­li­gen Art lie­bens­wer­ter Jugend­li­cher wer­den, der vor etwa 4500 Jah­ren gelebt hat.

Das Buch in 3 Wor­ten: Meer, Kunst, Erwachsenwerden

Judith Vanis­ten­da­el / Andrea Kluit­mann: Atan von den Kykla­den (Atan van Kea), Repro­dukt 2024, Gra­phic Novel, 128 Sei­ten, 22 Euro.


Wor­um geht’s? Simon (50), als jun­ger Mann nach Kana­da aus­ge­wan­dert, um den belas­ten­den Fami­li­en­be­zie­hun­gen zu ent­ge­hen, bekommt Besuch von sei­nem schwie­ri­gen, sech­zehn­jäh­ri­gen Nef­fen, der auf einer Wan­de­rung spur­los ver­schwin­det.

Über­set­ze­ri­sche Lieb­lings­ele­men­te: Vor dem Hin­ter­grund stil­ler Berg­seen, Wapi­tis und einer rau­en kana­di­schen Stadt hat die Arbeit an dem unglei­chen Prot­ago­nis­ten-Duo und den tol­len Dia­lo­gen von Thea­ter­au­torin Lot Vekem­ans viel Spaß gemacht.

Das Buch in 3 Wor­ten: span­nend und psy­cho­lo­gisch interessant

Lot Vekem­ans / Andrea Kluit­mann: Der Ver­schwun­de­ne (De ver­dwe­ne­ne), Wall­stein 2023, Roman, 266 Sei­ten, 22 Euro.


Wor­um geht’s? Men­schen am sozia­len Rand waren sein The­ma. Als der Jour­na­list und Autor R. Van de Vel­de (1925–1970) spä­ter selbst auf­grund einer kras­sen psych­ia­tri­schen Fehl­dia­gno­se zum Opfer des ver­al­te­ten Gesund­heits­sys­tems und der restrik­ti­ven Jus­tiz im 60er-Jah­re-Bel­gi­en gewor­den war, schrieb er hin­ter­grün­di­ge Erzäh­lun­gen über sei­ne Lei­dens­ge­nos­sen in Zucht­haus und Irren­an­stalt.

Über­set­ze­ri­sche Lieb­lings­ele­men­te: Tie­fes Elend und hohe Komik sind in die­sen „Knis­tern­den Schä­deln“ untrenn­bar. 

Das Buch in 3 Wor­ten: Ein aber­wit­zi­ges lite­ra­ri­sches Zeug­nis aus der Zeit der Antipsychiatriebewegung.

Roger van de Vel­de / Annet­te Wunsch­el: Knis­tern­de Schä­del (Man­teau 1969 / Uit­ge­ve­rij Vrij­d­ag 2020), Biblio­thek Suhr­kamp 2024, Erzäh­lun­gen, 130 Sei­ten, 20 Euro.


Wor­um geht’s? Eine jun­ge Frau aus ein­fa­chen Ver­hält­nis­sen hat es zwar in ein Ams­ter­da­mer Start-up geschafft, fin­det jedoch kei­nen rech­ten Anschluss bei ihren pri­vi­le­gier­ten Kolleg:innen und merkt, dass sie ihre Ver­gan­gen­heit nicht abschüt­teln kann und dass ihr ein­zi­ger ech­ter Zuhö­rer ihr Dru­cker ist.

Über­set­ze­ri­sche Lieb­lings­ele­men­te: Die Gedan­ken­welt des Dru­ckers leb­haft und glaub­wür­dig wie­der­zu­ge­ben, war ein beson­de­res Ver­gnü­gen.

Das Buch in 3 Wor­ten: unge­wöhn­lich, auf­rüt­telnd, unterhaltsam

Fien Veld­man / Chris­ti­na Brun­nen­kamp: Xerox, Carl Han­ser 2024, Roman, 224 Sei­ten, 23 Euro.


Wor­um geht’s?: Ein flä­mi­sches Coming-of-age-Road­mo­vie, ver­wur­zelt in den 1980er-Jah­ren, bei dem sich die Prot­ago­nis­tin nicht nur auf eine Rei­se in ihre Ver­gan­gen­heit, son­dern gemein­sam mit Mops­da­me Kuro auch nach Ber­lin und Nor­we­gen begibt – auf der Suche nach eines Rät­sels Lösung und letzt­end­lich nach Aus­söh­nung mit der eige­nen Her­kunft.

Über­set­ze­ri­sche Lieb­lings­ele­men­te: Die bild­rei­che Spra­che, der lako­ni­sche Humor sowie der kom­ple­xe Ver­ar­bei­tungs­pro­zess bestür­zen­der Erfah­run­gen aus einer dys­funk­tio­na­len Fami­lie.

Das Buch in 3 Wor­ten: hef­tig, zart, hoffnungsvoll

Fem­ke Vin­de­vo­gel / Ingrid Oster­mann: Back­stein (Bak­s­teen), Steidl 2024, Roman, 224 Sei­ten, 24 Euro.


Wor­um geht’s? Die Kriegs­to­ten eines klei­nen Lan­des tau­chen plötz­lich in den Wohn­zim­mern und Bade­wan­nen eines rei­chen west­li­chen Lan­des auf. Paro­le: Tanzt und erweckt sie so wie­der zum Leben.

Über­set­ze­ri­sche Lieb­lings­ele­men­te: Die ver­schach­tel­ten Erzähl­strän­ge, die Viel­stim­mig­keit, der gesam­te fan­tas­ti­sche Plot.

Das Buch in 3 Wor­ten: raf­fi­niert, bestechend, skurril

Lisa Weeda / Bir­git Erd­mann: Tanz, tanz, Revo­lu­ti­on (Dans dans revo­lu­tie), Kanon 2024, Roman, 176 Sei­ten, 24 Euro.


Wor­um geht’s? Schnuf­fi ist weg – das Kanin­chen, das Skip dabei hilft, sei­nen Hüp­fe­kopf unter Kon­trol­le zu hal­ten, indem es ein­fach nur (mit wei­chen Ohren) da ist und auf Skips Schoß sitzt.

Über­set­ze­ri­sche Lieb­lings­ele­men­te: Die ein wenig alber­nen Wit­ze, die aber gut funk­tio­nie­ren müs­sen, und der ein­zig­ar­ti­ge, intel­li­gen­te und war­me Anna-Woltz-Unter­ton.

 Das Buch in 3 Wor­ten: über­ra­schen­der Kinderkrimi

Anna Woltz / Andrea Kluit­mann: Skip und der Kanin­chen­dieb (Skip en de koni­jen­dief), Carlsen 2024, Kin­der­buch ab 7, mit Bil­dern von Saskia Gay­mann, 96 Sei­ten, 10 Euro.


Wor­um geht’s? Peter Zan­ti­ngh erör­tert in die­sem Roman, wie uns die Kli­ma­kri­se an unse­re ganz per­sön­li­chen Gren­zen bringt, und ver­sucht her­aus­zu­fin­den, ob es in Ord­nung ist, in die­sen Zei­ten ein Kind in die Welt zu set­zen – die beson­de­re Struk­tur, die er dafür gewählt hat, tut ihr Übri­ges!

Über­set­ze­ri­sche Lieb­lings­ele­men­te: Ich möch­te nicht zu viel ver­ra­ten, aber der beson­de­re Auf­bau des Romans hat dazu geführt, dass ich ganz genau dar­auf ach­ten muss­te, wo der Autor wel­che Hin­wei­se ver­steckt hat, die unbe­dingt genau­so über­tra­gen wer­den muss­ten – eine klei­ne über­set­ze­ri­sche Schnit­zel­jagd.  

Das Buch in 3 Wor­ten: Kin­der­wunsch, Kli­ma­kri­se, ICE

Peter Zan­ti­ngh / Lisa Men­sing: Zwi­schen uns und mor­gen (Tus­sen­tijds), Dio­ge­nes 2024, Roman, 176 Sei­ten, 24 Euro.



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